Alle Beiträge von Lars Vogel

Lars Vogel ist Experte für Augmented und Virtual Reality Anwendungen in dem Bereich Industrie 4.0 bei der T-Systems Multimedia Solutions. Dabei immer das Ziel vor Augen mit den Lösungen Fabriken smarter und effizienter zu machen.

Die Drohne hat alles im Blick

Insbesondere in den Bereichen Automobil und Frachtlogistik beziehungsweise Cargo sind große Außenlager keine Seltenheit. Die offenen Lagerflächen sind häufig mehrere Hektar groß und durch die Größe und die Anzahl der gelagerten Teile extrem unübersichtlich. Für eine Inventur, aber auch um bestimmte Güter direkt finden zu können, ist es sehr wichtig, dass alle Teile ordnungsgemäß registriert und inklusive Lagerplatz erfasst sind. Bisher mussten Mitarbeiter die einzelnen Stücke händisch eintragen, die Nummer überprüfen und mit dem Backend abgleichen. Auch wenn etwas verloren ging oder gesucht wurde, erfolgte dies manuell. Da die Güter nicht immer dort liegen, wo sie sollen, kostet das zum einen viel Zeit. Zum anderen birgt die händische Registrierung auch ein großes Risiko für Fehler. Ein einfacher Zahlendreher bei der Erfassung oder beim Abgleich mit dem Backend – und der Fehler ist im System. Oder der Mitarbeiter muss den ganzen Prozess nochmal von vorne beginnen, das Gut lokalisieren und die Zahl erneut überprüfen. Alles in allem also eine mühselige Arbeit, die viel Zeit frisst.

Schnelle Hilfe mittels Drohne und Videoerkennung

Der Einsatz von Drohnentechnik zeigt, wie Unternehmen diesen Job in Zukunft automatisieren und damit das Fehlerrisiko deutlich minimieren und den Prozess beschleunigen können. Für die Außenlagerinventur fliegt eine Drohne mit Video-Erkennung automatisiert über das Feld. Sie wird mithilfe von künstlicher Intelligenz (KI) gesteuert und erkennt und zählt die Objekte aus der Luft. In Kombination mit einer dahinter geschalteten OCR-Software werden die Produkt- oder Seriennummern vollautomatisch ausgelesen und mit den Beständen in den Warenwirtschaftssystemen abgeglichen. Die künstliche Intelligenz hilft außerdem dabei, die Lufterfassung zu optimieren: Wenn beispielsweise eine Bezeichnung schlecht lesbar ist, ermittelt die KI die Wahrscheinlichkeit, dass es sich um eine bestimmte, gesuchte ID handelt. Falls die Erfassung mal nicht eindeutig ist und auch die KI die Kennnummer nicht korrekt erfassen kann, löst die Technik einen Fehleralarm aus und benachrichtigt einen Sachbearbeiter, um die ID manuell zu prüfen. Diese Technik wurde bereits von mehreren Industriegüterkonzernen erfolgreich getestet.

Generell können Drohnen für fast alle Arten der automatischen Erfassung, Identifizierung, Analyse und Dokumentation von Teilen und Objekten sowie sensorischen Informationen eingesetzt werden. Im Rahmen der Entwicklung zur Industrie 4.0 beispielsweise müssen Unternehmen ihre Produktionsprozesse zunehmend automatisiert und flexibel gestalten. Diese Flexibilisierung erfordert auch eine entsprechende Logistik. So setzten vereinzelte Unternehmen beispielsweise Drohnen ein, um Kleinstobjekte innerhalb von Unternehmensstandorten zu transportieren, um Staus auf der Straße zu vermeiden und Zeit zu sparen. Hier gibt es allerdings noch rechtliche Herausforderung zu lösen.

Neben logistischen Aufgaben können Drohnen für die unterschiedlichsten Anwendungsfälle genutzt werden, wie etwa die Personensuche, Erkennen von Gefahrenstoffe in der Luft, Rissbildung in Gebäuden und Brücken oder die Analyse von Wasserständen in flutgefährdeten Gebieten sowie Früherkennung von Waldbränden. Auch in der Landwirtschaft findet die Anwendung von Drohnen bereits seit vielen Jahren erfolgreich statt. Durch die Bewirtschaftung großer Areale ist eine Überwachung beziehungsweise Versorgung der Felder aus der Luft sinnvoll.  Auch in der Wildtierrettung werden Drohnen seit einigen Jahren bereits erfolgreich eingesetzt. Im Frühsommer werden Rehkitze mit Hilfe von Drohnen und Wärmebildkameras im Feld aufgespürt und können so vor dem Mähtod gerettet werden. Die Steuerung der Drohnen funktioniert dabei schon heute meist autonom beziehungsweise mithilfe einer Software. So werden der Einsatz, die Flugrouten und die Aktivitäten der Drohnen zentral koordiniert.

Ich sehe was, was die Drohne sieht

Um die Technik noch weiter zu optimieren, können Unternehmen sie um Augmented Reality ergänzen. Hierfür setzen Mitarbeiter eine Datenbrille auf und sehen nun das durch die Brille, was die Drohne sieht. Über die Brille können Mitarbeiter die Drohne dann ansteuern, um beispielsweise zu zoomen oder einen Richtungswechsel vorzunehmen. Außerdem können sie sich mithilfe der Augmentierung zusätzliche Informationen anzeigen lassen, wie beispielsweise Größe oder Zustand des Frachtguts.

In der Zukunft werden nicht nur zentrale Systeme Drohnen steuern, sondern Drohnen werden sich dezentral autonom untereinander abstimmen und selbständig koordinieren. Damit werden Drohnen untereinander kommunizieren sowie eigenständig Aufträge verteilen können, um die verschiedenen Aufgaben effizient zu erfüllen.

 

Die intelligente Fabrik

Ziel der Smart Factory ist es, die mechanische Fertigung mit modernen Informations- und Kommunikationstechniken zu verknüpfen, um die wirtschaftliche Effizienz zu steigern. Viele Unternehmen wissen inzwischen um die Wichtigkeit neuer Technologien für die Wettbewerbsfähigkeit, dennoch hadern insbesondere herkömmliche Fertigungszweige mit der Implementierung moderner Soft- und Hardware. Sobald die Mitbewerber jedoch ihre Prozesse effizienter gestalten können, riskieren die traditionellen Unternehmen, wichtige Marktanteile zu verlieren, da sie mit den rein mechanischen Methoden mit der derzeitigen Beschleunigung nicht mehr mithalten können. Wieso also hängen noch so viele Hersteller an ihren „Traditionen“ und was sind die größten Hürden für eine Umsetzung automatisierter und vernetzter Prozesse?

Einheitliche Schnittstellen fehlen, Insellösungen regieren

Die mangelnde Verknüpfung der Altsysteme ist derzeit eine der größten Hürden hin zur Smart Factory. Unternehmen haben die meist vorherrschenden Insellösungen lange Zeit eigenständig erweitert und angepasst, was für einen gewissen Zeitraum durchaus funktioniert hat. Mittlerweile stoßen die proprietären Lösungen jedoch an ihre Grenzen. Das liegt insbesondere daran, dass die Lösungen Marke Eigenbau keine standarisierten Schnittstellen haben und somit in der Regel nicht miteinander kommunizieren können und zusätzlich einen hohen Wartungsaufwand bedeuten. Um diese Hürde zu überwinden, müssen Experten zunächst einheitliche Plattformen schaffen, die all diese unterschiedlichen Insellösungen miteinander vernetzen. Vor diesem Schritt graut es jedoch vielen Unternehmern: Was tun, wenn bei der Umstellung etwas schiefgeht und nicht gleich alles auf Anhieb funktioniert? Liegt die vollständige Fertigungskette dann brach und werden dadurch Umsatzeinbußen riskiert? Wie komplex sind die neuen Systeme und wie hoch wird demnach der Schulungsaufwand für die Mitarbeiter sein? Diese vermeintlichen Hindernisse lassen sich durch eine stufenweise Einführung der smarten Technologien weitestgehend komplett umschiffen oder zumindest verringern.

Smartphone-Herstellung in der Fabrik von morgen schon heute

Die Hauptgründe, weshalb eine Verknüpfung, Automatisierung und teils auch Virtualisierung der Fertigungsschritte wichtig ist, sind kürzere Time to Market-Zeiten und Marktzyklen. Am Beispiel von Apple lässt sich das gut erfassen: Alle ein bis zwei Jahre erscheint ein neues iPhone auf dem Markt. Derzeit sind die Smartphones durchschnittlich etwa zwei bis drei Jahre im Gebrauch. Der Bedarf an neuen Geräten ist also da und die Endkunden wollen möglichst schnell Ergebnisse sehen. Damit das Smartphone in der gewünschten, schnellen Zeit und auch Qualität geliefert werden kann, müssen alle Schritte der Wertschöpfungskette optimal ineinandergreifen.

Der erste Schritt bei der Herstellung eines neuen Produkts, wie eines Smartphones, ist in der Regel das kreative Design. Das Rapid Prototyping ist hierfür sehr gut geeignet. Hier bilden digitale 3D-Konstruktionsdaten die Grundlage für den 3D-Druck eines physischen Prototyps. Alternativ können funktionelle Mock-Ups per Virtual Reality mithilfe einer Datenbrille tatsächlich erlebt werden, bevor die erste Charge vom Band kommt. Der Vorteil an diesen Methoden: Produktmanager können durch diese technischen Lösungen die ersten kreativen Entwürfe schneller und besser begutachten, dadurch schneller Entscheidungen treffen und das Design für die Produktion freigeben. Die zuvor langwierige Anfertigung eines Prototyps entfällt dabei nahezu vollständig.

Den besten Zulieferer schnell und präzise finden

Ist die Design-Phase abgeschlossen, folgt die Bestellung der Rohstoffe. In einem Smartphone beispielsweise sind etwa 300 verschiedene Bauteile integriert. Das wiederum führt zu einer sehr komplexen, teils globalen Lieferkette und bringt damit einige Herausforderungen mit sich. Unternehmen müssen den günstigsten Anbieter finden, der die benötigte Rohstoffmenge schnell, in guter Qualität und zum besten Preis liefern kann. Verknüpfte Systeme erleichtern diese Suche ganz erheblich. Ein übergreifendes Portal ermöglicht dem Produktionsleiter, auf alle Zulieferer gleichzeitig zugreifen zu können und damit nicht jeden Zulieferer für jedes Einzelteil separat ansprechen zu müssen. Diese zentralen Portale sind ein wichtiger, erster Schritt in Richtung einer wirklich intelligenten Supply Chain.

Gewusst, wo – Smart Warehouse Management

 Im Falle einer intelligenten Lieferkette erlauben in den Werkstoffteilen eingebaute RFID-Chips oder ähnliche Technologien nach der Bestellung die Ortung der Ware und auch eine Ferndiagnose über deren Zustand. Dadurch können Unternehmen in Echtzeit nachvollziehen, wann ihre Ware eintreffen wird und später auch, wo genau sich die Teile im Lager befinden. Die Mitarbeiter können so jederzeit in der Datenbank prüfen, ob der Lagerbestand noch ausreicht und in welchem Zustand die Ware ist. Unternehmen können die prozessuale und betriebliche Effizienz stark steigern, da das manuelle Eintragen im ERP-System, das Scannen der Produkt-Codes und das fehleranfällige Prüfen aller Waren per Lieferschein entfällt. Das Smart Warehouse Management erleichtert und beschleunigt damit die manuellen, datenintensiven Lagervorgänge.

Die genannten Anwendungsszenarien dienen in diesem Fall nur als Ausschnitt der vielfältigen Möglichkeiten der Smart Factory-Technologien. Um diese jedoch in vollem Ausmaß nutzen zu können, müssen Unternehmen die proprietären Systeme in einem übergreifenden, cyberphysischen System vereinheitlichen. Dieses System verbindet die digitalen Daten mit den physischen Maschinen. Die richtige Umsetzung führt zu einem Wettbewerbsvorteil, der letztlich ausschlaggebend für das langfristige Bestehen am Markt sein kann.