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Die Folgen der Automatisierung – sind Roboter Jobkiller?

­Machen Roboter Arbeit bald überflüssig?
Wohl eher nicht. Zu diesem Ergebnis kommt jedenfalls die Studie „German Robots – The impact of industrial Robots on Workers“ des Düsseldorfer Instituts für Wettbewerbsforschung. Diese untersucht erstmals, wie sich Roboter in der Industrie auf Arbeitsplätze und Löhne in Deutschland auswirken.
Kleiner Spoiler vorweg: der Untergang des Abendlandes wird wohl wieder auf später verlegt werden müssen.

Roboter und Arbeitsplätze – kleine Geschichte großer Mutmaßungen

Dass Roboter Arbeitsplätze vernichten, ist ein so naheliegender Gedanke, dass er von der Öffentlichkeit nur allzu bereitwillig übernommen wird. Schließlich führe die Fortschritte der Computerindustrie sowie der künstlichen Intelligenz zwangsläufig zu immer stärkerer Automatisierung. Da Roboter schneller und effektiver arbeiten als Menschen, werden letztere schlicht überflüssig, so die gängige Vorstellung.

Bereits 1995 entwarf der amerikanische Soziologe und Ökonom Jeremy Rifkin in seinem Buch „Das Ende der Arbeit und ihre Zukunft“ das Szenario einer Gesellschaft, in der es für Menschen keine Erwerbsarbeit mehr gibt. Rifkin vertrat u.a. die Ansicht, dass bereits 2010 nur noch 12 Prozent der Weltbevölkerung in der Produktion tätig sein würden. Seine Prognosen haben sich als haltlos herausgestellt. Tatsächlich verdoppelte sich zwischen 1980 und 2000 die Zahl der Erwerbsbevölkerung auf der Welt.

Deutschland ist bereits ein Roboterland

Der Einsatz von Robotern in der Industrie ist in Deutschland so weit verbreitet wie in keinem anderen europäischen Land. Bereits 1994 standen in deutschen Werkhallen doppelt so viele Roboter wie im Rest Europas. In Zahlen:

  • Auf 1000 Arbeitnehmer in der Industrie kamen in Deutschland 1994 zwei Roboter
  • 2015 arbeiten in Deutschland bereits 7,6 Roboter neben 1000 Arbeitnehmern (nahezu eine Vervierfachung innerhalb von zwei Jahrzehnten)
  • In Europa liegt die vergleichbar Quote bei 2,6 (Stand 2015)

Bei den Beschäftigungszahlen zu Deutschland fällt zudem auf, dass der Anteil der in der Industrie Beschäftigen hierzulande nach wie vor vergleichsweise hoch ist. Zwar gingen auch in Deutschland Industriearbeitsplätze in den letzten Jahren verloren, doch bleibt das Beschäftigungsniveau hoch. Liegt der Anteil der Industriearbeit 1995 noch bei knapp 30 Prozent, hält er sich seit den 10er Jahren des neuen Jahrtausends bei stabilen 25 Prozent.
Deutschland ist nicht nur ein Land, in dem Roboter besonders gerne eingesetzt werden, sie werden hier auch produziert. Kuka und ABB schaffen es als einzige Firmen in die Top-10 der weltweit führenden Roboter-Hersteller – in der sich sonst nur japanische Namen finden. In die Top-20 schaffen es sogar fünf deutsche Hersteller.

Vorreiter bei der Automatisierung ist die Automobilindustrie. Hier kommen auf tausend Arbeiter zwischen 60 bis 100 Roboter. In anderen Branchen, vor allem der Dienstleistung, spielen Roboter dagegen nach wie vor so gut wie keine Rolle.

In Deutschland kosten Roboter zwar Stellen, sichern aber Arbeitsplätze

Auf bestehende Stellen in der Produktion wirkt sich der Einsatz von Robotern auch in Deutschland zunächst einmal negativ aus. Im Durchschnitt werden durch einen Roboter in Deutschland zwei Stellen in der Fertigung überflüssig. Da zwischen 1994 und 2014 rund 131.000 Roboter in Deutschlands Fabrikhallen aufgestellt wurde, wurde so rund 275.000 Stellen eingespart.
Der Clou: Die Arbeitslosigkeit stieg dadurch jedoch nicht! Die Beschäftigten fanden Arbeit in anderen Bereichen. Betrachtet man weitere Gründe für den Arbeitsplatzabbau in der Industrie liegt der Anteil der auf Automatisierung zurückzuführen ist bei 23 Prozent. Eine laue Quote für einen Faktor, der angeblich dazu führen soll, dass es bald überhaupt keine Arbeit mehr gibt.

Die Düsseldorfer Studie legt sogar noch einen weiteren Schluss nahe: der Einsatz von Robotern sichert letztlich sogar Arbeitsplätze. Die Untersuchung der Datensätze von insgesamt rund einer Millionen Fabrikarbeitern konnte zeigen, dass die Arbeitsplätze in den Betrieben sicherer sind, in denen Roboter eingeführt wurden. Zwar veränderte sich die Art der Arbeit für die Arbeitnehmer, explizit Arbeitsplätze wurden durch die Einführung von Robotern in Deutschland jedoch nicht gestrichen.
Dafür zumindest mitverantwortlich dürften die Gewerkschaften in Deutschland sein, die sich vor allem für bereits bestehende Beschäftigungsverhältnisse einsetzen. Die Arbeitgeber reagierten darauf, indem sie kurz- und mittelfristig neue Arbeit für bestehende Kräfte fanden. Langfristig führt die Automatisierung dennoch zum Stellenabbau. Denn die Zahlen belegen auch deutlich, dass für altersbedingt ausscheidende Industriearbeiter immer seltener Berufsanfänger nachziehen.

Roboter verändern die Struktur des Arbeitsmarktes

Die Düsseldorfer haben sich auch angesehen, wie sich die Automatisierung auf die Gehälter auswirkt. Ergebnis: Führungskräfte, spezialisierte Facharbeiter und Ingenieure profitieren deutlich vom Einzug der Roboter in die deutschen Fabrikhallen. Die höhere Produktivität und die damit steigenden Gewinne werden bevorzugt an Ingenieure und Manager weitergegeben, zumal diese hochqualifizierten Arbeitnehmer in der automatisierten Industrie stärker gebraucht werden.
Arbeiter mit einer einfachen Berufsausbildung (also der typische Facharbeiter) verdienen dagegen deutlich weniger. Das gleiche gilt für Niedrigqualifizierte. Beide Gruppen werden traditionell vor allem für standardisierte Routineabläufe eingesetzt und damit in Bereichen, in denen Roboter klare Vorteile bringen.

Gesamtwirtschaftlich betrachtet, profitiert Deutschland jedoch vom Roboter-Einsatz. Die Durchschnittslöhne bewegen sich auf einem nach wie vor hohen internationalen Niveau. Dass sich das für viele nicht so „anfühlt“, hat damit zu tun, dass die Löhne ungleich verteilt sind. Wer gut qualifiziert ist, verdient ungleich mehr. Schlechter Ausgebildete müssen sich mit immer geringeren Löhnen zufrieden geben. Kurz: Die Schere zwischen arm und reich wird durch die Automatisierung größer.

Das „deutsche Jobwunder“ trotzt auch der Automatisierung

Deutschland versetzt seit den 2000er Jahren vor allem im europäischen Vergleich andere Nationen regelmäßig mit seiner hohen Beschäftigungsquote in Erstaunen. Nach Ansicht der Autoren der Düsseldorfer Studie verdankt sich dieses deutsche Jobwunder nicht zuletzt der Bereitschaft deutscher Arbeitnehmer, sich sowohl auf flexiblere Arbeitsverträge einzulassen als auch Lohneinbußen hinzunehmen. Beides sind laut der Studie, offenbar auch probate Mittel, um die durch die Automatisierung ausgelöste Disruption des Arbeitsmarktes zumindest abzufedern.

 

Papierlose Abwicklung von Transportaufträgen mit digitalen Frachtbriefen

Der digitale Frachtbrief steht sowohl in Deutschland als auch im europäischen Ausland noch immer vor rechtlichen Hindernissen. Technisch ist dagegen seine Umsetzbarkeit längst gegeben. Würde der Güterverkehr in Deutschland komplett auf diese elektronische Form umstellen, ließen sich jährlich dreistellige Millionenbeträge einsparen. Nicht zuletzt würde sich auch die Umwelt über Papiereinsparungen freuen. Trotz all dieser Vorteile lässt die flächendeckende Einführung des e-CMR in Deutschland und Europa noch immer auf sich warten.

Die Idee des Frachtbriefs

In Deutschland wird durch das Handelsgesetzbuch geregelt, welche Angaben der Frachtführer beim Ausstellen des Frachtbriefes einfordern kann. Im internationalen Straßengüterverkehr wird ein CMR-Frachtbrief benötigt. CMR ist die Abkürzung für das französische “Convention relative au contrat de transport international de marchandises par route”, übersetzt: „Übereinkommen über den Beförderungsvertrag im internationalen Straßengüterverkehr.“

Die Idee des Frachtbriefs ist es, den Transport von Gütern einfach, zugleich aber auch überprüfbar und rechtssicher zu machen. Rechtssicherheit schaffen die Frachtbriefe zwar, mit der Vereinfachung der Abläufe indes hapert es – zumindest bei den analogen CMR. Üblicherweise müssen Frachtbriefe mit vier Durchschlägen erstellt werden. Ein Exemplar bleibt beim Absender, eines wird dem Frachtgut beigelegt. Den dritten Durchschlag erhält der Frachtführer, der vierte ist für den Zoll oder eine andere Behörde.

Vorteile des digitalen Frachtbriefs

Nicht nur das Erstellen dieser analogen Dokumente, auch ihre Verteilung sowie Archivierung kosten viel Zeit und Personal. Schätzungen zufolge werden pro Frachtbrief 4 Euro eingespart, wenn statt der analogen Papier-Dokumente digitale CMR treten. Bei geschätzten 150 Millionen auszustellenden Frachtbriefen im Jahr läge das Einsparpotenzial allein in Deutschland bei 600 Millionen Euro.

Die flächendeckende Einführung eines elektronischen Frachtbriefs schafft zudem Schnittstellen zu anderen digitalen Systemen, sodass sich der Frachtbrief gewissermaßen in beliebige Richtungen erweitern lässt. In seiner elektronischen Variante ist dieser kein isoliertes Dokument mehr, sondern Teil der digitalen Dokumentation eines Gütertransportes.  Er bietet auch die Möglichkeit, Schäden am Frachtgut in Echtzeit zu dokumentieren. Bei Unfällen oder Verspätungen kann so rascher Ersatz für die benötigten Lieferungen gesorgt werden.

Die zögerliche Einführung des digitalen Frachtbriefs hat Gründe

Trotz der unübersehbaren Vorteile läuft die flächendeckende Einführung des E-Frachtbriefs bislang nur sehr zaghaft an, da die Einführung des e-CMR anfänglich mit Investitionen in Technik verbunden ist und aufgrund fehlender Standards bislang oft nur schwer zu entscheiden ist, in welche Technik investiert werden soll.

Die bislang zögerliche bis mangelnde Akzeptanz des e-CMR hängt aber auch an der nach wie vor ungeklärten Rechtslage. Im § 408 HGB findet sich zwar bereits seit 2013 der Hinweis (in Abs. 3), dass „dem Frachtbrief eine elektronische Aufzeichnung gleichgestellt“ sei.

„Einzelheiten der Ausstellung, des Mitführens und der Vorlage eines elektronischen Frachtbriefs sowie des Verfahrens einer nachträglichen Eintragung in einen elektronischen Frachtbrief” sind laut HGB jedoch in einer Rechtsverordnung zu regeln. Diese gibt es bislang aber noch nicht. Der deutsche Gesetzgeber träumt also vom digitalen Frachtbrief, verweigert aber die Auskunft darüber, wie dies in der Realität umzusetzen ist.

Zu den rechtlichen Hürden gesellen sich technische Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen, damit der E-Frachtbrief sich auch in der Praxis bewährt. Ein einfaches PDF reicht dafür nicht aus. Der e-CMR muss elektronisch bearbeitet werden können, sowohl für Auftraggeber, Empfänger, Frachtführer als auch Behörden lesbar sein und seine eigene Echtheit ausweisen können.
Authentizität und Richtigkeit analoger Papiere werden klassischerweise durch Stempel beglaubigt. In der digitalen Welt gibt es dafür u.a. digitale Signaturen (Stempel), deren Prüfung über Zertifizierungsanbieter laufen kann.

Fazit

Der digitale Frachtbrief spart Personal und viel Zeit. Statt auf die flächendeckende Einführung zu warten, gehen digitale Speditionen voran und bieten schon heute die Möglichkeit, alle für die Frachtbriefe notwendigen Dokumente vollständig digital abzuwickeln. Dank App funktioniert das auch unterwegs problemlos. Für internationale Verkehre müssen die entsprechenden Papiere (CMR) derzeit noch ausgedruckt vorliegen. Der digitale Frachtbrief zeigt jedoch, dass dieser Papierkrieg im Grunde schon heute obsolet ist. Es ist an der Zeit, dass dies auch Behörden und Gesetzgeber anerkennen und noch bestehende rechtliche Lücken endlich schließen.

Supply Chain Event Management – Wie wir in die logistische Zukunft sehen können

Sie wissen, was Sie wollen? Amazon weiß es auch. Sogar noch, bevor Sie sich darüber im Klaren sind. Mit dem Konzept Anticipatory Shipping verspricht der Online-Händler uns Wünsche zu erfüllen, noch ehe wir sie kennen.

Anticipatory Shipping, ein Patent von Amazon

Der Begriff Anticipatory Shipping“ geht auf ein Patent von Amazon zurück, dass am 24. Dezember 2013 unter der Bezeichnung „Anticipatory Package Shipping“ angemeldet wurde. Das Konzept sieht vor, dass Amazon das Bestellverhalten von Kunden analysiert und aufgrund der ausgewerteten Daten dann prognostiziert, was wo zu welchem Zeitpunkt bestellt werden wird. Amazon ist dadurch u.a. in der Lage, Lieferungen in einem 2-Stunden-Fenster anzubieten.

Dabei werden nicht einzelne Bestellungen vorausgesagt, sondern vielmehr Warenströme, wodurch eine schnellere Reaktion auf Bestellungen möglich wird. Dafür wird auf Daten zurückgegriffen, die die Besucher der Webseite hinterlassen: bisher gekaufte Produkte, Wunschzettel, Warenkörbe, Suchhistorien oder auch die Dauer des Mauszeigers auf bestimmten Produkten. Auf dieser Basis will Amazon künftig sogar voraussagen können, in welchem Lebensabschnitt Kunden an welchen Waren interessiert sein werden und die Logistik entsprechend auf dieser Voraussage aufbauen.

Big Data schafft die Basis für Predictive Analytics

Amazon sieht die Stärken des Anticipatory Shipping vor allem im Bestseller-Bereich sowie in dicht besiedelten Gebieten. Für seltener nachgefragte Produkte sowie in Gegenden mit eher dörflicher Struktur verspricht das Konzept weniger Effizienzgewinne. Das liegt u.a. daran, dass durch Voraussagen von Warenströmen die Größe der Lieferfahrzeuge exakter gewählt und Leerfahrten besser vermieden werden können. Anticipatory Shipping funktioniert am besten in Bereichen, wo mit großen Zahlen operiert werden kann. Letztlich ist es daher nur eine von vielen Anwendungen aus dem Bereich der Predictive Analytics.

Beispiel KEP-Dienstleister

Auch der KEP-Dienstleister DPD nutzt seit einiger Zeit Predictive Analytics, um die Zustellung von Paketen zu verbessern. Ziel des vorausschauenden Lieferprozesses ist es, privaten Empfängern bis auf die Stunde genau nennen zu können, wann das Paket bei ihnen eintrifft. Dafür verarbeiten die Rechner des Unternehmens rund 30 Millionen Datensätze täglich.

Die größte Hürde bei der Umsetzung war dabei, dass die Daten auf unterschiedlichen Systemen dezentral verteilt waren. Sowohl das Beispiel von DPD als auch das Konzept des Anticipatory Shipping zeigen eine wesentliche Voraussetzung für vorausschauende Logistik auf: Daten müssen nicht nur erhoben werden, sondern auch zusammengeführt werden können.

Digitale Speditionen bieten dafür ideale Voraussetzungen. Da die Transportorganisation vollständig digital abgewickelt wird, ermöglicht die digitale Spedition auch ein Supply Chain Event Management (SCEM). Diese noch relativ junge Logistik-Disziplin ermöglicht es, auf ungewöhnliche Ereignisse innerhalb der Lieferkette zeitnah zu reagieren. Auch SCEM blickt in die Zukunft, indem es permanent aktuelle Daten registriert und analysiert.

Reaktionsstarkes Supply Chain Event Management

Lieferketten sind  abhängig von einer Vielzahl von Faktoren und Ereignissen (Events), zu deren Wesen es gehört, dass sie

  • abhängig von vielen anderen Events sind, also durch eine hohe Komplexität gekennzeichnet sind
  • sich dynamisch verhalten
  • teilweise intransparent sind (da Einzelinteressen der Beteiligten zu Informationsbarrieren führen)

Angesichts der immer engeren Verzahnung von Produktion und Zulieferung wächst die Störanfälligkeit von Supply Chains kontinuierlich. Um die Auswirkungen solcher Störungen zu minimieren und besser in den Griff zu bekommen, hat sich als neuer Zweig der Logistik das Supply Chain Event Management entwickelt. SCEM hat den Anspruch, die Relevanz von Ereignissen auf die Lieferkette einschätzen zu können. Es wird daher ein Toleranzbereich erstellt, bei dem nicht aktiv eingegriffen werden muss. Wird dieser Toleranzbereich über- bzw. unterschritten, werden Handlungsalternativen ausgelöst.

Ausgangspunkt für das Management relevanter Events sind dabei die heute vielfach in der Logistik eingesetzten Tracking & Tracing-Systeme. Sie ermöglichen das Erfassen von IST-Zuständen und damit den Abgleich zum jeweils geplanten SOLL-Zustand. Ziel des Abgleichs ist es, möglichst zeitnah auf Events reagieren zu können bzw. diese sogar vorhersagen zu können und dadurch steuerbarer zu machen.

Das SCEM kümmert sich dabei sowohl um positive (etwa kurzfristig freigewordene Lieferkapazität) als auch um negative Ereignisse (z. B. Produktionsausfall).

Entscheidend für eine vorausschauende Logistik ist eine solide Datenbasis. Sowohl Anticipatory Shipping als auch SCEM nutzen hierfür (historische) Daten, um alltägliche Entscheidungen in Zukunft zu optimieren. Beide Ansätze leben von der Qualität ihrer Daten. Je genauer Interaktionen und Transaktionen erfasst werden, desto besser kann auf kritische Ausnahmefälle reagiert werden und desto eher gelingen valide Voraussagen.

Auswirkungen des Online-Handels auf die Logistik – vier Szenarien

Wie wird sich die Logistik in Zeiten des E-Commerce verändern? Die Deutsche Post DHL hat in einer Studie vier mögliche Zukunftsszenarien behandelt, bei welchen es sich vielmehr um mögliche Entwicklungspfade handelt, mit denen sich Risiken, aber auch Chancen von Online-Handel und Logistik ausloten lassen.

Szenario 1 – die Welt von morgen gleicht der Welt von heute

Die Wirtschaften wachsen nur mäßig, primär in Asien. Der Fortschritt der Technik ist moderat und die Kaufkraft ist in Europa und der USA nur wenig gestiegen. Trotz sinkender Produktivität sind immer höhere Sozialkosten aufgrund von Überalterung zu meistern.

Beim Konsum verstärken sich zwei Trends, die schon heute dominieren: Wohlhabende setzen auf Convenience, während für den überwiegenden Rest der Weltbevölkerung der Preis das entscheidende Kriterium ist.

Das führt zu einem hybriden Kaufverhalten: der Alltag ist bestimmt von günstigen Discount-Artikeln, zugleich wird gespart auf Premiumartikel, die als Statussymbole dienen. Waren müssen am gleichen Tag geliefert werden, an denen sie bestellt werden. Bestellungen aus dem Ausland sind nichts Außergewöhnliches mehr und finden primär online statt.

Entsprechend wachsen die weltweiten Transportvolumina, wovon die globalen Logistikunternehmen profitieren, speziell durch die Sicherstellung von E-Tailing-Lieferungen in den eher ländlichen Regionen Asiens oder Afrikas.

Szenario 2 – alles wird gut, die Wirtschaft brummt, die Welt wird zum Freizeitpark

Neben dem technologischen Fortschritt boomt die Weltwirtschaft. Der starke Mittelstand will das Leben genießen. Mit anderen geteilte, gemeinsame Erlebnisse sind dafür wichtiger als Statussymbole.

Die Menschen sind gut vernetzt in Lifestyle-Communities, welche Kaufempfehlungen miteinander teilen. Dies beeinflusst stark das Kaufverhalten der Menschen, wodurch mehr Fachkompetenz von Logistikern gefordert wird. Sie liefern nicht nur aus, sondern sind für Kunden kompetente Ansprechpartner. Große Online-Händler bedienen diese Märkte, während stationäre Geschäfte sich auf Erlebniseinkäufe konzentrieren.

Geshoppt wird über Wearables, die zugleich Daten ihrer Träger erfassen, sodass Konsumenten von Verkäufern erwarten, ihre Kundenwünsche zu antizipieren. Das gilt so dann auch für Logistiker, die sich in puncto Liefergeschwindigkeit und Lieferort auf den Endkunden einstellen müssen.Viele Logistikfirmen kooperieren stärker und legen Lieferverkehre in Ballungsräumen zusammen, um so den Verkehr nicht mehr zu belasten als unbedingt notwendig.

Szenario 3 – die Maschine denkt und lenkt, der Mensch genießt

Die Automatisierung der Wirtschaft ist weit fortgeschritten und bestimmt den Alltag der meisten Menschen. Eingekauft wird in Webshops, die sich dem Profil und den Wünschen der Käufer anpassen, da praktisch jede Aktion durch Sensoren erfasst und so in Daten verwandelt wird. Kunden sind es gewohnt, von Avataren mit künstlicher Intelligenz durch den Verkaufsprozess geführt zu werden, die den Kauf schon vorab erlebbar machen.

Da Online-Plattformen sich den Bedürfnissen des jeweiligen Kunden in Echtzeit anpassen, verschicken sie Waren oft schon, noch ehe der Kunde sie bestellt hat. Dadurch dürfen Logistiker mit einem erhöhten Retouren-Geschäft rechnen.

Logistikunternehmen agieren unter einem hohen Kooperationsdruck, da die hohen Transportvolumina nur durch enge Abstimmung abgearbeitet werden können, welche durch das Internet der Dinge anwachsen. Bestell- sowie Abrechnungssystem werden Teil einer vollautomatisierten Verkehrs- und Lieferwelt. Geht beispielsweise im Haushalt etwas kaputt, wird Ersatz automatisch bestellt.

National wie international dominieren große Logistiker, da nur sie in der Lage sind, die hohen Investitionen zu stemmen, die etwa für die mit Sensoren ausgestattete Supply Chain sowie der dahinterstehenden Datenverarbeitung notwendig sind.

Szenario 4 – ressourcenschonendes Wirtschaften mit regionalem Fokus

Eine weitere Finanzkrise lässt in diesem Szenario die Weltwirtschaft stagnieren. Es fehlt an Geld für den Konsum, Rohstoffe sind knapp, die Energiekosten hoch, was Menschen weltweit durch einen größeren Gemeinschaftssinn zu minimieren versuchen. Statt einem globalen Handel wird weit mehr auf regionalem Handel fokussiert.

Sharing- und Tauschwirtschaft blühen. Da für den privaten Konsum das Geld fehlt, wird sehr bewusst eingekauft. Die nach wie vor ungelösten Umweltprobleme sowie die drohende soziale Ungleichheit führen dazu, dass Konsumenten großen Wert auf den sozial-ökologischen Fußabdruck von Produkten legen.

In den Gesellschaften entwickelt sich ein hohes Bewusstsein dafür, Gütertransporte möglichst zu vermeiden. Logistikunternehmen müssen daher mit geringeren Transportvolumina sowie Einbußen rechnen. Sie liefern daher nicht mehr nur Waren aus, sondern bieten einen Reparaturservice sowie Ersatzteile an. Neben Car-Sharing-Firmen boomen Plattformen, die Reparaturen oder DIY-Produkte anbieten. Statt alle zwei Jahre ein neues Smartphone zu erwerben, kommen modulare Smartphones in Mode, die einen Austausch kaputter Teile ermöglichen.

Fazit

Die Studie selbst liefert kein Fazit. Welches Szenario wahrscheinlicher ist und welches unwahrscheinlicher darf jeder Leser selbst entscheiden. Eine derartige Szenarienanalyse dient vor allem dazu, dass sie uns nicht unvorbereitet in die Zukunft schicken.

Wie sehen Sie die Zukunft der Logistik in Zeiten des E-Commerce?

Das Elend der Autobahnnomaden

Als „menschenunwürdig“ beschreibt Thomas Fiale vom Polizeipräsidium Köln die Lage auf vielen Höfen: Fahrer, vornehmlich aus Osteuropa, drängen sich dicht an dicht. Plätze, die für 90 Fahrzeuge gedacht sind, werden von über 200 Lkw belegt. Die Fahrer kochen auf Gaskochern, waschen und trocknen Wäsche – oder versuchen in den engen Kabinen etwas Schlaf zu finden. Manche dieser Fahrer, so Fiale, campieren über Monate auf Parkplätzen, um ihre wöchentlichen Ruhezeiten abzubummeln. Mitunter fehlt den Fahrern das Geld, um die Sanitäranlagen zu nutzen.

Ruhezeit wird zur Stehzeit

Während die meisten deutschen Fahrer ihre Ruhezeiten so legen können, dass sie den Großteil zuhause verbringen, ist dies vielen Fahrern aus MOE-Staaten nicht möglich. Nicht nur ist die Zeit für eine Heimfahrt zu kurz, es fehlt auch das Geld. Doch selbst wenn sie es könn(t)en: Wohin mit dem Lkw? Ausländische Fahrer können ihren Wagen nicht einfach stehenlassen. Die Ruhezeit ist im Grunde nur eine Stehzeit. Dass die Autobahnnomaden besonders häufig in den Grenzregionen zu Belgien, den Niederlanden und Frankreich anzutreffen sind, hat seinen Grund: Nachdem Belgien 2014 ein Verbot erließ, die Ruhezeit in der Fahrerkabine zu verbringen, wichen die Fahrer auf deutsche Rasthöfe aus. Frankreich zog mit einem ähnlichen Verbot nach.

Das soziale Gefälle innerhalb Europas

Längst hat sich aus dem Lohngefälle in der EU ein lukratives Geschäft entwickelt. Gängig ist etwa das „Umflaggen“. Dafür werden Fahrzeuge im Ausland zugelassen, mit Fahrern aus MOE besetzt, die Wagen dann aber ausschließlich in Westeuropa eingesetzt. Kritik daran gibt es reichlich. Es erhöht die Parknot auf den überlasteten Rastplätzen, da die umgeflaggten Flotten ständig fernab der Heimat eingesetzt sind.

Gewerkschaften kritisieren, dass das Umflaggen eine Form von Lohndumping sei. Auch der BGL sieht die Dienstleistungsfreiheit missbraucht. Um diesen Missbrauch abzustellen, sollten sich die Löhne nicht nach Herkunft des Fahrers richten, sondern nach dem Ort, an dem die Dienstleistung überwiegend erbracht wird. Eine gesamteuropäische Lösung, die das Problem an den Wurzeln packt, ist derzeit nicht erkennbar.

EuGH-Urteil mit Folgen

Auf europäischer Ebene wird noch darüber gestritten, ob es Lkw-Fahrern erlaubt ist, die wöchentliche Ruhezeit im Fahrzeug zu verbringen. In Kürze wird der europäische Gerichtshof über ein entsprechendes belgisches Urteil entscheiden. Dieses Urteil untersagte einem belgischen Unternehmen, seine Fahrer aus Osteuropa dauerhaft im Lkw übernachten zu lassen. Da der Generalanwalt des EuGH zu dem Schluss kam, dass ein Übernachten im Fahrzeug nicht als Ruhezeit im Sinn der Verordnung gelten kann, wird erwartet, dass auch der EuGH so urteilen wird.

Mit diesem EuGH-Urteil dürfte das Thema noch immer nicht vom Tisch sein. Sowohl multinationale Logistiker als auch die osteuropäischen Länder haben großes Interesse daran, weiterhin Personal aus Osteuropa einzusetzen. Möglich machen würde das eine Änderung von Art. 8 der Verordnung (EG) Nr. 561/2006. Etwa, indem dort zwei kurze Ruhezeiten hintereinander erlaubt würden. Fahrer aus Osteuropa würden dann öfter nach Hause fahren müssen, dem Nomadentum wäre ein Riegel vorgeschoben. Es würde sich aber weiterhin lohnen, auf die günstigen Fahrkräfte aus Osteuropa zu setzen.

Ist die Bußgeldregelung durchsetzbar?

Bis eine einheitliche europäische Regelung greift, können in Deutschland zumindest Bußgelder verhängt werden. Voraussetzung dafür ist, dass es Kontrollen gibt. Thomas Fiala von der Polizei in Köln zeigt sich zuversichtlich: Bei Kontrollen sei es für die Polizei kein Problem festzuhalten, wenn ein Lkw länger als 24 Stunden an einem Ort stehe. Treffe man im Lkw den Fahrer an, sei davon auszugehen, dass die Ruhezeit im Wagen verbracht wird. Da „der Unternehmer den ursächlichen Zusammenhang bei der Planung seines Fahrpersonals setzt“, hält Fiala es zudem für möglich, vor allem „den Unternehmer mit einem Bußgeld zu belegen.“

Ob sich das in der Praxis wird umsetzen lassen, ist unklar. Fiala setzt insgeheim schon auf die Einführung des Tachographen mit GPS. Dieser zeichnet den Standort automatisch alle drei Stunden während der Fahrt sowie am Start- und Zielort auf, sodass leicht nachzuweisen ist, ob ein Lkw bereits seit 45 Stunden auf einem Rasthof steht.

Ob das alles wirklich wünschenswert ist, muss sich ebenfalls noch erweisen: Wenn die Fahrer ihre wöchentliche Ruhezeit nicht im Lkw verbringen dürfen, müssen sie ja irgendwohin ausweichen, wo sie eine „geeignete Schlafmöglichkeit“ finden, wie es die Verordnung fordert. Ob das in Zelten oder in Containern der Fall ist, wird wohl Grundlage für weitere Klagen sein. Das große Chaos auf deutschen Autobahnparkplätzen und Rasthöfen dürfte jedenfalls nicht kleiner werden.

Papierlos in die Zukunft – digitale Dokumente im Straßengüterverkehr

Wie sich das traditionelle Dokumentenmanagement buchstäblich „verzettelt“

Die Zettelwirtschaft beginnt, bevor die Ware auf der Straße ist. Selbst wenn Angebote telefonisch eingeholt werden, bedarf spätestens die Angebotsbestätigung der Schriftform. Damit endet das Zettelwesen nicht: Das verladende Unternehmen erstellt einen Lieferschein, die Spedition den Frachtbrief – üblicherweise in dreifacher Ausfertigung. Nach der Verladung erhält der Fahrer den Lieferschein. Auf dem Frachtbrief wird die Verladung dokumentiert. Eine Ausfertigung des Frachtbriefs bleibt an der Beladestelle mit Unterschriften des Verladers und des Fahrers.

Um sich unterwegs als rechtmäßiger Transporteur ausweisen und später die Ablieferung dokumentieren zu können, nimmt der Fahrer den Lieferschein sowie zwei Ausfertigungen des Frachtbriefs mit. Die erfolgte Entladung der Waren wird durch Unterschrift oder Stempel vom Lademeister bestätigt. Eine Ausfertigung des Frachtbriefs bleibt mit den Unterschriften des Fahrers, Versenders und Empfängers an der Entladestelle. Der Fahrer behält die dritte Ausfertigung des Frachtbriefs und des Lieferscheins. Nachdem der Fahrer seine Tour beendet hat, bringt er alle Frachtbriefe und Lieferscheine ins Disponenten-Büro. Erst wenn alle Dokumente mit Unterschriften vorliegen und der Beweis da ist, dass die Ware ausgeliefert wurde, kann die Rechnung erstellt werden.

Frachtbrief und Lieferschein müssen nun noch eingescannt werden. Die Originale gehen mit der Rechnung per Post an den Auftraggeber. Dieser scannt Rechnung, Lieferschein und Frachtbrief ebenfalls ein und erstellt nun seinerseits eine Rechnung, die er – meist zusammen mit den Lieferpapieren – an seinen Auftraggeber sendet. Sobald der die Rechnung per Post erhalten hat, beginnt das Zahlungsziel. Der Auftraggeber ordnet die Rechnung seinem internen Auftrag zu, scannt diese ein und bewahrt die Rechnung gesetzeskonform zehn Jahre lang auf. Ächz!

Papierloses Dokumentenmanagement spart Zeit

Im papierlosen Dokumentenmanagement von digitalen Speditionen wird auf Zettelwirtschaft verzichtet. Alle relevanten Papiere werden digital als „elektronisches Dokument“ geführt. Das ermöglicht es, schon bei der Auftragsbuchung Zeit zu sparen. Angebote müssen nicht per Telefon, Fax oder Mail eingeholt werden, sondern können per Knopfdruck gebucht werden. Auch Speditionsverträge lassen sich im gleichen System anpassen und versenden. Der Frachtführer kann den Auftrag per Knopfdruck auf den Fahrer disponieren. Dieser erhält alle auftragsrelevanten Details auf sein Smartphone.

Digitale Logistik ermöglicht Echtzeit-Informationsfluss

Über ein digitales Transportjournal sind Verlader, Spediteur und Frachtführer stets über den aktuellen Status des Transportes informiert, ohne Papiere hin- und herschicken zu müssen. Alle Transportdokumente, inkl. Anmerkungen über Beschädigungen, sind online einsehbar. An den Ladestellen werden die Ladezeiten sowie der Gefahrenübergang per digitaler Unterschrift bestätigt. Sobald diese Unterschriften getätigt sind, sind sie im Transportjournal zu sehen. Der Transport wird so komplett transparent. Telefonate, um Ankunft und Ort der Ware zu erfragen, werden überflüssig.

Wurde die Entladung bestätigt, erfahren Verlader und Spedition von der Auslieferung in Echtzeit. Die Rechnung für den Transport kann nun ohne Verzögerung erstellt und dem Frachtzahler digital zugesendet werden. Beschädigungen oder Änderungen in der Verlademenge können vom Frachtführer schriftlich und per Foto im digitalen Transportjournal kenntlich gemacht werden. Das gleiche Prozedere gilt für den Palettentausch: Auch dieser wird an den Be- und Entladestellen digital dokumentiert. Das separate Ausfüllen eines Palettenscheins entfällt.

Das papierlose Dokumentenmanagement punktet auch bei der Archivierung

Im traditionellen Dokumentenmanagement kostet die Archivierungspflicht enorme Ressourcen. “Digital” ist auch in diesem Punkt wesentlich effektiver: Alle Dokumente werden mit Dokumentenvorlagen erstellt und müssen nicht mühsam eingescannt werden. Auch wechselnde Mitarbeiter können so Transportdokumentationen, die sie zuvor nicht betreut haben, leicht finden und bearbeiten.

Rechtliche Bedingungen: digital gleich analog

Bei innerdeutschen Verkehren ist nach HGB § 408 Absatz 3 ein elektronischer Frachtbrief dem analogen Frachtbrief gleichgestellt. Wer ein papierloses Dokumentenmanagement nutzt, muss keinen ausgedruckten Frachtbrief mitführen. Das gilt allerdings nicht für den CRM-Frachtbrief, der im grenzübergreifenden Straßengüterverkehr Pflicht ist. Zwar wird von Interessensgruppen bereits seit langem ein digitaler CRM-Frachtbrief gefordert, doch zeigt die Politik bislang wenig Neigung dazu.

Digitalisierung der Logistik: Klassische Berufsbilder müssen sich anpassen

Kaufmännische Berufe

Der Speditionskaufmann der Zukunft wird bei der Koordinierung von Gütern fast ausschließlich auf den Bildschirm seines Computers oder Smartphones schauen. Langwierige Telefonate und ungenaue Angaben über Standort oder Ankunftszeit eines Transports gehören der Vergangenheit an. Dank transparenter Track & Trace Systeme ist die Nachverfolgung von Transporten in Echtzeit kein Problem mehr. Auch die Kommunikation mit Kunden und Fahrern wird überwiegend digital ablaufen. Ganz verschwinden wird das Telefon aber nicht: Gerade bei großen Key Accounts wird die zwischenmenschliche Kompetenz nach wie vor eine wichtige Rolle spielen. Ein weiterer kaufmännischer Bereich, in dem der Mensch noch lange nicht ersetzbar sein wird, ist die Organisation von In- und Exporten. Neben Fremdsprachenkenntnissen machen hier vor allem die interkulturellen Fähigkeiten den Menschen jeder Computerlösung überlegen.

Kommissionierung/ Materialwirtschaft / Fachkraft für Lagerlogistik

Die Automatisierung und die Kraft vernetzter Systeme wird den Menschen dauerhaft ersetzen. Intelligente Lagerhaltungssysteme, die direkt und autonom an das Supply-Chain-Management-System angebunden sind und selbstständig Waren nachbestellen, deren Bestand zu niedrig ist, machen eine von Menschen betriebene Materialwirtschaft genauso hinfällig wie die klassische Lagerlogistik. Intelligente Lagerroboter – wie bereits in manchen Amazon-Lagern im Einsatz – können die Waren genauer, schneller und langfristig günstiger kommissionieren als Menschen. In der Industrie wird diese Entwicklung besonders schnell voranschreiten.

Versandleiter/ Disponent

Speziell in der Kommunikation werden Versandleiter bereits in naher Zukunft punktuell durch Bots ersetzt werden, die redundante Fragen herausfiltern und selbständig beantworten. Versandleiter werden sich verstärkt um die Pflege von Key Accounts kümmern. Der Disponent hingegen wird in 15 Jahren keine Rolle mehr spielen. Basierend auf riesigen Datenmengen können computergestützte Systeme Fahrtrouten wesentlich effizienter planen als jeder Mensch. Die hohen Einsparungen, die hierdurch für Speditionen realisiert werden können, werden den Digitalisierungsprozess in diesem Bereich extrem beschleunigen.

Kraftfahrer

Auch wenn zwischen Silicon Valley und Wolfsburg autonomes Fahren mittlerweile zum neuen Trendsport geworden ist, wird es noch sehr lange dauern, bis selbstständig fahrende LKWs auf europäischen Straßen unterwegs sein werden. Die Vorstellung eines führerlosen 30-Tonners mit chemischen Produkten ist zudem so angsteinflößend, dass sich die Rolle des Kraftfahrers hin zu einem Kraftfahrzeug-Kontrolleur ändern wird. Wie ein Pilot im Flugzeug greift er nur ein, wenn die Situation es erforderlich macht. Bis in diesem Bereich die Zukunft einkehrt, gilt es aber erstmal andere Baustellen zu beheben: Die Branche leidet unter akutem Fahrermangel.

Frachtinformatiker / Logistik-Planer / Supply Chain Manager

Die Rolle des Frachtinformatikers wird stark an Bedeutung gewinnen. Seine Aufgabe ist es, externe und interne Schnittstellen zu integrieren und dafür zu sorgen, dass die digital gestützten Prozesse wie Disposition, Routenplanung und Fehlermanagement problemlos laufen. Eine besondere Herausforderung wird die Einbindung interner Prozesse in etablierte neue Technologien sein. Genauso bedeutsam ist die Rolle des Logistikplaners, der sämtliche Prozesse im Blick und deren Optimierung strategisch planen muss. Eine seiner wesentlichen Aufgaben wird die Entwicklung tragfähiger Zukunftskonzepte für die Logistik werden. Der Manager im Supply Chain Management bleibt auf absehbare Zeit unersetzlich, weil er die Schnittstellen zwischen Warenlogistik und Produktionsprozessen koordinieren und steuern muss.

Die Prognose  ist klar: Die Aufgaben, die mit Planung, Koordination und Verteilung zu tun haben, werden fast ausnahmslos durch Algorithmen und digitale Lösungen ersetzt: Zu verlockend sind die hohen Einsparungspotentiale, die durch Automatisierung und Digitalisierung realisierbar sind. All jene Berufe, die bereits heute IT-lastig sind, werden in ihrer Bedeutung weiter zunehmen – sehr zur Freude der Millenial-Generation. Besonders in großen Unternehmen wird darüber hinaus die Einbindung externer digitaler Logistikpartner zu einer der wesentlichen Herausforderungen.

Paletten tauschen im digitalen Zeitalter

Das Prinzip des Palettentauschs beruht auf der Zirkelwirtschaft. Wird eine Fracht auf 30 Europaletten angeliefert, erhält der Frachtführer 30 Europaletten im Tausch zurück. Im Idealfall übergibt er die leeren Paletten beim nächsten Kunden im Tausch gegen eine Fracht, die auf wiederum 30 Europaletten gepackt wird. Das Prinzip ermöglicht in der Theorie einen reibungslosen Austausch von Lademitteln.

Der Palettentausch birgt Fallgruben

Nur selten erhält ein Frachtführer genau die Anzahl an Leerpaletten, die bei der nächsten Beladestelle abgegeben werden sollen. Häufig kommt es zu „Palettenschulden“, die später ausgeglichen oder verrechnet werden müssen. Ohnehin ist es mit einem einfachen Hin und Her nicht getan: Beim Palettentausch muss die Anzahl ebenso festgehalten werden wie die Qualität der Holzträger. Da an der Rampe für die Qualitätsprüfung nur wenig Zeit bleibt, kann es über die Qualität der Paletten zu Differenzen kommen. Missstände über minderwertige Paletten müssen daher genau dokumentiert werden.

Seit 2014 existiert für die Qualifizierung von Paletten eine feste Typenbeschreibung – erstellt von der neutralen Plattform GS1. Damit lassen sich Paletten in gebrauchsfähige und nicht-gebrauchsfähige Klassen einteilen. Die Typisierung ermöglicht eine schnelle Einordnung der Palettenqualität in die Klassen NEU, KLASSE A, B oder C sowie die Klasse NICHT GEBRAUCHSFÄHIG. Der früher übliche Begriff „tauschfähig“ wurde durch „gebrauchsfähig“ ersetzt, um mehr Klarheit an der Rampe zu schaffen.

Klassifizierung von Ladeträgern laut GS1

NEU: Gebrauchsfähig für Lagerung, Transport und die Beförderung auf Roll- und Kettenförderern (auch hochregallagerfähig)

KLASSE A: Gelten als ebenso gebrauchsfähig wie neue Paletten. Sie dürfen leichte Gebrauchsspuren aufweisen, jedoch nicht verschmutzt sein. Es gibt keine Anhaftungen, keine Absplitterungen des Holzes. Die Eckklötze sitzen korrekt, die Eck-Kennzeichen sind gut lesbar. Klasse-A-Paletten dürfen bereits lizenziert repariert worden sein.

KLASSE B: Gelten als ebenso gebrauchsfähig wie neue oder A-Paletten. Zu erkennen ist eine Palette der Klasse B typischerweise am nachgedunkelten Holz und den Gebrauchsspuren. Ansonsten gelten die gleichen Kriterien wie bei Klasse A.

KLASSE C: Nur noch gebrauchsfähig für Lagerung und Transport. Das Holz ist typischerweise dunkel, es darf Gebrauchsspuren und auch Oberflächenfeuchtigkeit aufweisen. Zulässig sind hier auch Verunreinigungen – allerdings nur, wenn sie nicht ans Ladegut abgegeben werden können. Toleriert werden zudem Absplitterungen und ein leichtes Verdrehen der Eckklötze. Anhaftungen an der Palette sind kein Grund, sie als nicht mehr gebrauchsfähig zu kategorisieren (das war vor 2014 anders). Werden die Anhaftungen entfernt, kann die Palette u. U. auch wieder höher klassifiziert werden.

NICHT GEBRAUCHSFÄHIG: Diese Paletten müssen erst repariert werden, ehe sie wieder im offenen Tauschpool eingesetzt werden dürfen. Die Reparatur ist nur durch lizenzierte Betriebe zulässig.

Digitales Palettentauschmanagement spart Kosten

Der von Palettendienstleistern wie EPAL oder WORLD verwendete Begriff des Europalettentauschpools führt oft zu Missverständnissen: Er suggeriert fälschlicherweise, dass es sich um ein geschlossenes System mit einer zentralen Anlaufstelle handelt. Ein Palettentausch beruht immer auf einer Individualvereinbarung. Paletten müssen nicht getauscht werden; es ist auch möglich, die Paletten zu mieten oder weiterzuverkaufen.

An der Notwendigkeit, den Zustand der Paletten zu dokumentieren, ändert dies nichts. Klassisch wird zur Dokumentation ein Palettenschein ausgestellt. Vordrucke sehen dabei oft nur die Angaben über Be- und Entladestelle sowie die Anzahl der getauschten Paletten vor. Mängel müssen gesondert festgehalten werden. In der Papierform bringt ein Palettentausch dadurch nicht selten eine wahre Papierflut mit sich – bei der fortschreitenden Digitalisierung im Supply Chain Management ein immer größeres Ärgernis.

GS1 plant daher einen Palettenschein, der neben einer einheitlichen Dokumentation auch den Handel mit Palettenscheinen ermöglicht. Palettenschulden wären einfach übertragbar und könnten von Dritten eingelöst werden. Um diese Anforderungen zu realisieren, soll der digitale GS1-Palettenschein mit folgenden Features ausgestattet sein:

  • ID-Nummer mit Barcode für digitale Lesegeräte
  • Name und Adresse des Schuldners
  • Daten des Tauschvorgangs
  • Lademittelbezeichnung
  • Geltungsdauer / Frist bis zur Herausgabe der Paletten
  • Unterschrift der Beteiligten

Ob der GS1-Palettenschein tatsächlich kommt, ist noch unklar. Andere Ansätze sind ganzheitlicher, wie der Blick auf die Möglichkeiten zeigt, die moderne, digitale Speditionen bieten: Die Transport-Organisation erfolgt hier komplett digital. Notwendige Angaben über den Palettentausch werden in einem Transport-Journal unkompliziert und papierfrei festgehalten. Schadhafte Paletten können einfach abfotografiert werden. Sobald das Foto hochgeladen wurde, ist es allen Beteiligten in Echtzeit zugänglich. Der administrative Aufwand wird in der digitalen Spedition auf ein Minimum zurechtgestutzt – kräftige Kostensenkungen inklusive.