Lkw-Parkplatznot: Wie Algorithmen das Problem lösen könnten

Dass die Lkw-Parkplatznot 2017 noch immer ein Thema ist, könnte ein Skandal sein. Tatsächlich wurde und wird jedoch einiges zur Lösung der Parkplatzknappheit getan. Aufgrund des anhaltenden Booms im Lkw-Güterverkehr, hält die Zahl neuer Parkplätze einfach nicht Schritt mit dem stetig steigenden Bedarf. Gefragt sind daher neue Ansätze. Die Digitalisierung bietet sie.

Ursachen der Lkw-Parkplatznot

Im März 2008 standen entlang der Bundesautobahnen 46.400 Lkw-Parkstände zur Verfügung, davon 28.500 auf Rastanlagen und  17.900 auf privat betriebenen Autohöfen. Dennoch fehlten in Deutschland laut Auskunft der Bundesregierung bis 2015 mindestens 21.000 Lkw-Parkplätze. Die Prognosen zum Wachstum des bundesweiten Lastwagen-Güterverkehrs sind seither noch weiter gestiegen. Um satte 39 Prozent soll der Lkw-Güterverkehr in den Jahren 2010 bis 2030 wachsen. Wirklich verlässliche Zahlen hat niemand. Gewiss ist eigentlich nur: der Bedarf an Lkw-Parkplätzen steigt stetig. Immerhin wurden zwischen 2008 und 2014 bereits 13.000 neue Lkw-Parkmöglichkeiten in Deutschland geschaffen und nahezu alle Bundesländer bauen weiter an neuen Stellflächen, auf denen Lkw-Fahrer ihre Ruhezeiten einhalten können. Die jüngste Verschärfung der Bußgeldregelung für Ruhezeiten im Lkw, die das Verbringen der Wochenruhezeit im Lkw untersagt, hat die Situation jedoch noch weiter verschärft.

Mitunter kommt es vor, dass Lkw-Fahrer bis zu sechs Parkplätze oder Autohöfe anfahren, ehe sie etwas halbwegs Passendes finden. Geparkt wird in der Not auf Standstreifen, Pkw-Parkplätzen oder in Einfahrten. Ist die Parkplatzwahl für andere Verkehrsteilnehmer nicht erkennbar gefährlich, duldet die Polizei die Wild- und Falschparkerei meist. Anders ist der Situation nicht mehr Herr zu werden. Die Devise aller Beteiligten lautet schon lange nur noch: Augen zu und durch, es wird schon irgendwie gut gehen.

Durch Baulösungen allein ist der Lkw-Parkplatznot nicht beizukommen

Die naheliegende Lösung für den Mangel an Lkw-Parkplätzen lautet sicher: mehr Parkplätze bauen! Die Forderung fällt leicht, solange man nicht auf „Details“ wie fehlenden Baugrund achten muss. Die Bundestagsfraktion von Bündnis90/Die Grünen hatte für ihre Kleine Anfrage zur Parkplatzknappheit 2011 errechnet, dass 30.000 neue Lkw-Stellplätze einen Flächenbedarf von 600 Fußballplätzen mit sich bringen. Da sich der Bund meist wenig großzügig beim Kauf von Flächen für den öffentlichen Bedarf zeigt, zieht sich der Erwerb neuer Grundstücke in der Regel in die Länge. Eine schnelle Lösung der Lkw-Parkplatzknappheit ist durch den Bau neuer Stellplätze daher kaum zu erwarten.

Die aktuelle Lkw-Parkplatznot ist auch Ausdruck mangelnder Digitalisierung

Das Fatale der derzeitigen Lkw-Parkplatznot ist, dass bereits seit Jahren digitale Konzepte existieren, mit deren Hilfe sich die Situation spürbar verbessern ließe. 2012 veröffentlichte EasyWay, eine halb-öffentlich, halb-private Initiative zur Förderung von Intelligenten Transportsystemen (ITS), den Entwurf zu einer Studie über „Intelligentes und sicheres Lkw-Parken“. Der Entwurf setzt vor allem auf zwei Lösungen:

  • Die Entwicklung von digitalen Parkleitsystemen, die Fahrer zu den für sie besten Lkw-Parkflächen führen
  • Reservierungssysteme für Lkw-Parkstände

Ins quasi gleiche Horn stößt eine Studie der Universität Duisburg-Essen, die zusammen mit der IHK Niederrhein nach Lösungen des Problems für Kommunen, Verkehrswirtschaft und belieferte Unternehmen sucht und im Oktober 2017 veröffentlicht werden soll. Ein Ergebnis der Studie wurde bereits bekannt gegeben: die auf dem Markt existierenden Parkplatz-Apps funktionieren nur unzureichend. Viel zu häufig werden die Fahrer an ungeeignete Standorte gelotst. Es fehlt die notwendige Datenbasis.

Lösungsansatz: Kompaktparken

Die Bundesanstalt für Straßenwesen (BAst) betreibt seit Anfang 2016 auf der Rastanlage Jura-West (auf der A3 zwischen Nürnberg und Regensburg) eine Pilotanlage ihres Konzeptes zum Telematischen Lkw-Kompaktparken. Die Idee dahinter ist relativ simpel: Lkw würden weniger Platz verbrauchen, wenn sie in einer Reihe hintereinander parken könnten. Derjenige, der als erster den Parkplatz wieder verlassen muss, steht vorn in der Reihe.
Dafür müssten die Lkw-Fahrer jedoch wissen, auf welchem Parkplatz sie wann wieder abfahren können. So entscheiden sie sich für die Parkreihe, die mit ihrer geplanten Abfahrtszeit übereinstimmt. Die Abfahrtszeiten werden auf dynamischen Anzeigen über den Parkreihen angezeigt. Lasersensoren registrieren die jeweilige Belegung.
Künftig könnte das System auch dazu genutzt werden, Lkw-Parkplätze zu reservieren. Die Reservierung könnte vom Logistikunternehmen oder unterwegs vom Fahrer selbst vorgenommen werden.

Lösungsansatz: Intelligente Verkehrsleitsysteme

Die positive Wirkung des Kompaktparkens auf die Lkw-Parkplatznot ließe sich noch weiter steigern, wenn ein Datenaustausch über Parkplatzkapazitäten möglich wäre.
Das Bundesministerium für Verkehr und die BAst haben mit dem Mobilitätsdaten-Marktplatz (MDM) u.a. auch dafür eine Metadaten-Plattform geschaffen, die sowohl für öffentliche wie private Anbieter entsprechende Daten zur Verfügung stellen kann.

SAP hat in Zusammenarbeit mit Bosch bereits einen virtuellen Lkw-Park-Marktplatz entwickelt. Mithilfe des Systems ist es nicht nur Lkw-Fahrern oder Speditionen möglich, im Voraus einen Parkplatz zu reservieren. Das System soll auch das Angebot möglicher Parkflächen erweitern. Firmen mit eigenen Parkplätzen könnten dann Parkflächen, die abends und nachts nicht genutzt werden, über das System vermieten. Das wäre vor allem für Lkws mit teurer Fracht interessant. Sie könnten dann gezielt bewachte Parkplätze ansteuern, um so die Gefahr von Lkw-Diebstählen zu minimieren.
Von der Buchungsplattform würden auch Autohöfe profitieren, da sie Speditionen ebenfalls die Möglichkeit bieten, über ein virtuelles Ticket den Parkplatz zu reservieren, zu tanken und andere Leistungen bargeldlos zu bezahlen.

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