Der Patient rückt durch die eigenständige Nutzung von Informationsquellen dorthin, wo er hingehört: In das Zentrum des Gesundheitswesens. Die Akteure müssen sich, im Sinne einer Kundenzentrierung, vielmehr auf den Patienten einstellen. Bisher behandelten die Götter in Weiß sie im hierarchisch, planerischem Gesundheitssystem von oben herab nach gegebenen Gesetzen und Budgets. Im modernen Medizinsystem bedeuten vielmehr Selbstbestimmung und Transparenz die neuen Weichen für ein funktionierendes Geschäftsmodell. Die Pharmaindustrie beispielsweise kümmerte sich bisher im fachlich-internen Austausch um die Ärzte oder die Krankenhäuser. Um einen Wechsel zu vollziehen, müssen die Pharmakonzerne auf die Patienten zugehen, das Wissen vor dem Behandlungszimmer einfließen lassen. Nicht mehr der Arzt, sondern z.B. eine Plattform, wird so zum Gatekeeper für Informationen über Medikamente und ihre Nebenwirkungen.
Durch das Internet werden mit jedem Service mehr Klienten erreicht
Hat man mit Vertrieb über den Arzt durchschnittlich vielleicht 1000 Patienten erreicht, liegt die kritische Masse im WWW weitaus höher. Das verändert Geschäftsmodelle dahingehend, dass kleine Umsätze pro Patient für ein nachhaltiges Wirtschaften ausreichen. Pioniere gibt es im gesamten Gesundheitsbereich genügend: So werden leichte Depressionen über eine App behandelt, die Schwangerenbegleitung natürlich auf dem Smartphone vollzogen, Online-Sprechstunden und Online-Diagnostik angeboten, Bluttest und gentechnologische Analysen bestellt, oder auch Communities für Ärzte ausgebaut.
Spätestens bei den Bluttests regt sich der Datenschutzreflex in den meisten, ob Patient oder Mediziner. Dabei handelt es sich hier oftmals um ein Transparenzbedürfnis, was einfach hergestellt ist. Wird der Patient selbst aktiv, liegt es am betreuenden Akteur, zu informieren. Das verschafft Vertrauen und die Einwilligung des Patienten. Wichtig: Die Autonomie des Patienten darf nicht gestört werden. Solange er aber beeinflussen kann, wohin seine Daten kommen, müssen keine weitere Tabus beachtet werden. Patienten bekommen so die Möglichkeit sich überall und jederzeit mit der Gesundheit verknüpfen, ohne dafür unbedingt zum Arzt gehen zu müssen. Das Arztbesuche aber weiterhin unabdingbar sind, liegt auf der Hand. Nur die Vorsorge ist einfacher zu erledigen. Und auch in der Therapie ändert sich viel: An die Stelle eines hin und wieder überwachten Zick-Zick-Wegs tritt eine gezielte und geregelte Therapie in Kombination mit Empfehlungen aus dem Internet.
Hürden zur Nutzung von Internetmedizin müssen genommen werden
Warum nutzen Unternehmen die vorhandenen Mittel noch nicht? Kern dafür ist das hierarchische Denken. Der Blick weicht immer wieder ab vom Patienten, es wird sich an den Krankenkassen, Ärzten und großen Unternehmen orientiert. Die Hürden für die Nutzung von digitaler Infrastruktur äußern sich auf drei Stufen und könnten einfach umgangen werden:
- Erstattung durch die Krankenkassen: Der Patient selbst bezahlt nicht für die Leistung
- Online-Sprechstunde: Abrechnung pro Patient per Cent
- Berufsrecht bei der Fernbehandlung: Notwendigkeit persönlicher Kontakt
- Die Vorsorge muss nicht im Behandlungszimmer abgehalten werden
- Daten- und Verbraucherschutz: Gleichheit muss bei Krankenversicherung gewährleistet sein
- Druck auf Raucher durch die Versicherungen gibt es heute schon
Das klassische Gesundheitswesen blockiert hier, sollte aber vielmehr Respekt vor Gefahren wie der ausländischen Internetmedizin haben. Mit dem Wegfallen von geografischen Grenzen durch die Nutzung medizinischer Angebote im Internet, fallen auch Marktgrenzen in diesem Bereich weg.