Antwort: Kürzlich ist mein mexikanischer Kollege auf ein humorvolles Video auf YouTube gestoßen. Unter dem Titel „I can’t believe we made it“ wurden viele Aktivitäten gezeigt, die in seiner Kindheit üblich waren und nach heutigen Standards als gefährlich betrachtet werden. Während es geradezu verantwortungslos erscheinen mag, dass Kinder viele dieser Aktivitäten ausüben (einige würden uns heute mit dem Gesetz in Konflikt bringen), war es damals kein großes Thema.
Doch weil einige sich verletzten, haben wir gelernt, vorsichtiger zu sein. Das Video veranlasste ihn, über Aktivitäten, die wir heute machen, nachzudenken. Werden wir eines Tages zurückblicken und sagen „Wie haben wir das jemals geschafft“? Zum Glück ist Elektrotechnik weniger gefährlich geworden als einst (Versorgungsspannungen von ±300 V wie für den Operationsverstärker K2-W sind heute nicht mehr erforderlich). Und doch finden wir uns manchmal in Situationen wieder, in denen wir uns in unsicherem Territorium bewegen.
Während seiner Zeit als Student in den späten 1990er Jahren mussten er ein Abschlussprojekt wählen. Das Interesse in biomedizinischer Messtechnik wuchs und so beschlossen sein Team, ein portables EKG-Gerät zu entwickeln. Das Ziel bestand darin, durch Monitoring der Herzfrequenz schwierig zu erfassende Herzrhythmusstörungen zu diagnostizieren. Damals wussten sie bereits, dass Isolation für ein Endprodukt erforderlich ist. Über die Entwicklungsstufen machten sie sich nicht wirklich Gedanken. Auch wussten sie nicht, dass Testequipment isoliert oder nicht isoliert sein kann. Auch verstanden sie den verwendeten Isolationstyp nicht.
Die Studenten hatten schnell beschlossen, dass die Erfassung des Signals der wichtigste erste Schritt ist. Also besorgten sie sich einen Instrumentenverstärker (AD620) und ein paar Operationsverstärker für Filterung und Right-Leg Drive. Zur Isolation legten sie eine Batteriespannung von 9 V an, nutzten einen DC/DC-Wandler zur Erzeugung der ±15-V-Versorgungen. Sie kauften einige Silber/Silber-Chlorid-Elektroden und verdrillten die Anschlussleitungen zwischen den Elektroden und dem Versuchsaufbau um Rauschen zu verhindern. So weit, so gut. Jetzt musste eine Testperson die Elektroden am Körper befestigen. Ach ja, sie mussten noch beobachten, was am anderen Ende ankommt. Daher schlossen sie ein Oszilloskop an.
Mit Oszilloskopen ist es so, dass ihre Masse gegen Erde verbunden ist. Sie wurden jetzt zu Leitern für Leckströme. Schlimmer war, dass die Leckströme genau über den Brustkorb fließen konnten. Und da nichts von Anfang an funktioniert, führten die Studenten gleichzeitig Messungen mit einem Tastkopf am Oszilloskop und einem Tisch-Multimeter durch. Dabei war eine Testperson an die Elektroden angeschlossen. Wenn Sie sich etwas mit Leckströmen auf isolierten Versorungen auskennen, werden Sie sich vielleicht fragen, warum die Testperson noch lebt.
15 Jahre später. Heute, dank eines gestiegenen Gesundheitsbewusstseins und am Körper tragbaren Compern, entwickelt sich Herzfrequenz-Monitoring hin in Richtung Mainstream. Dadurch ist die Zahl der Menschen, die mit Herzfrequenz-Monitoren wie dem AD8232 experimentieren oder neuere Alternativen für qualitativ hochwertige EKG-Systeme mit Nachfolgern des AD620 verwenden (z.B. AD8421 und AD8422) gestiegen. Allerdings hat dies die Zahl der ahnungslosen Ingenieure, die sich selbst in Gefahr bringen, erhöht.
Ich möchte meine Kollegen bitten, vorsichtig zu sein und sich zu vergewissern, dass sie die Sicherheitsrichtlinien verstehen und befolgen, bevor sie Prototypen an Menschen testen. Zu diesem Zweck stehen mehrere Ressourcen in gedruckter Form und im Internet zur Verfügung. Falls Sie Zweifel haben – kommerzielle EKG-Signalgeneratoren werden zu relativ günstigen Preisen angeboten. Sie erhöhen Ihre Chance, die 2010er Jahre zu überleben!
Autor: Von Uwe Bröckelmann nach Unterlagen von Analog Devices