Testen von Netzteilen für hohe di/dt-Werte

Induktivitäten sind in jeder Testanordnung ein Problem, aber in Verbindung mit niedrigen Spannungen und steilen Stromflanken sind sie geradezu fatal. Man kann sich die Verwendung zwischen Last und Induktivität als eine einfache L-R-Schaltung vorstellen, die der Steilheit der Stromflanke (di/dt) eine Grenze setzt.

Gleichung (Bild: VBM-Archiv) Gleichung (Bild: VBM-Archiv)

Wenn beispielsweise der verwendete Prozessor 1 V benötigt und einen Strom von 10 A zieht, könnte man ihn mit einem 0,1-Ω-Widerstand (1 V/10 A) nachbilden. Würde man die Verbindung zu diesem Widerstand mit einem knapp 8 cm langen Draht herstellen, käme hierdurch eine Serieninduktivität von rund 50 nH hinzu. Die Zeitkonstante T dieser Schaltung ist L/R = 500 ns. Die Formel für den Strom ist nachfolgend angegeben. Die höchste Anstiegsrate existiert übrigens bei 0 und geht nach Ablauf einer Zeitkonstante auf 63 % zurück (Gleichung 1).

Die maximale Anstiegszeit für eine stufenförmige Stromänderung um 10 A beträgt I/T, also ungefähr 20 A/µs. Diese Anstiegsgeschwindigkeit ist somit deutlich geringer als die 100 A/µs, die von den Prozessor-Experten gefordert wird. Hier heißt es also, die Induktivität zu minimieren.

Es versteht sich, dass sich Drahtwiderstände und lange Widerstände aufgrund ihrer Eigeninduktivität nicht gut als Prüflast eignen. Als Faustregel können als Streuinduktivität eines Einzeldrahts 5,9 nH/cm angesetzt werden. Eine effektive Möglichkeit zur Senkung dieser Anschluss-Induktivität besteht darin, eine Parallelschaltung aus mehreren SMT-Widerständen über einer Massefläche anzuordnen. Zur Minimierung der Verbindungs-Induktivität sollten diese Lastwiderstände direkt auf der Platine des Netzteilprototyps angeordnet werden.

Bild 1: Die Einbindung des Lasttransienten-Testers in die Leiterplatte sorgt für niedrigere Verbindungs-Induktivitäten (Bild: TI Bild 1: Die Einbindung des Lasttransienten-Testers in die Leiterplatte sorgt für niedrigere Verbindungs-Induktivitäten (Bild: TI

Bild 1 zeigt eine exemplarische Lastprüfungs-Schaltung mit den Lastwiderständen, Serien-MOSFETs und Ansteuerschaltungen. Die zum Schalten der Last dienenden MOSFETs lassen sich hier auf zweierlei Weise gepuffert ansteuern, nämlich von einem Impulsgenerator oder von einem auf der Leiterplatte befindlichen Timer.

Bild 2 macht deutlich, wie schwierig es ist, mit einem 1-V-Netzteil steile Stromflanken zu generieren und das Einschwingverhalten zu messen. Die Grafik zeigt den in 2 µs von 0 auf 20 A ansteigenden Laststrom (grün), was einen di/dt-Wert von 10 A/µs ergibt. Diese Kurve wurde mit einer für 50 A/µs ausgelegten Last aufgezeichnet, bei einer Verbindungslänge von praktisch null. Zunächst schien hier ein Konflikt zu bestehen, da die Last für 50 A/µs ausgelegt war. Bei genauerer Untersuchung des Datenblatts der aktiven Last stellte sich jedoch heraus, dass eine Anstiegszeit von 2 µs für einen Strom von 100 A angegeben war, während der di/dt-Wert für Ströme unter 100 A proportional reduziert wurde.

Bild 2: Die für 50 A/µs ausgelegte Last weist tatsächlich Anstiegszeiten von 2 µs auf. (Bild: TI) Bild 2: Die für 50 A/µs ausgelegte Last weist tatsächlich Anstiegszeiten von 2 µs auf. (Bild: TI)

In Bild 2 ist in Gelb außerdem die Hüllkurve des Einschwingverhaltens dargestellt. Interessanterweise sind drei klar abgegrenzte Welligkeitsbereiche zu erkennen. Der erste besteht im Betrieb ohne Last, wo die Buck-Induktivität am höchsten ist. Beim zweiten Bereich handelt es sich um die Transiente. Hier tendiert die Leistungsstufe zum vollen Tastverhältnis, wodurch sich der Welligkeitsstrom in der Buck-Induktivität verringert. Der dritte Bereich schließlich befindet sich bei hohen Ausgangsströmen, wenn sich der Induktivitätswert durch die Bestromung verringert hat und die hochfrequenten Spitzen am höchsten sind.

Auf dem Markt gibt es Prüfstrom-Generatoren, die sehr schnelle Transienten erzeugen und auf diese Weise Einblick in die Resonanzen und die Stabilität eines Systems gewähren können. Bild 3 zeigt ein Beispiel. Das obere Oszillogramm zeigt in schwarz die Reaktion eines Netzteils auf eine sprungförmige Stromänderung (rot), die durch eine wenig leistungsfähige aktive Last verursacht wird. Das Netzteil zeigt praktisch keine Reaktion, da seine Regelschleife eine hohe Durchtrittsfrequenz aufweist und somit jegliche Regelabweichungen, die durch die sprungförmige Stromänderung entstehen, sofort ausregelt.

Bild 3: Ein Prüfstrom-Generator kann einen nahezu vertikalen Stromsprung von 50 mA erzeugen. (Bild: TI Bild 3: Ein Prüfstrom-Generator kann einen nahezu vertikalen Stromsprung von 50 mA erzeugen. (Bild: TI

Die unteren Kurven wurden unter Verwendung eines Prüfstrom-Generators mit hoher Flankensteilheit aufgezeichnet. Der rot wiedergegebene Stromverlauf verläuft nahezu vertikal und veranlasst das Netzteil zu einer Reaktion, die einer gedämpften Sinuswelle entspricht, was wiederum ein Indiz für eine geringe Phasenreserve des Regelkreises oder für eine Induktivität in Reihe mit den Ausgangskondensatoren sein könnte.

Allerdings wurden diese Kurven mit Strom-Sprüngen von nur 50 mA aufgezeichnet, sodass sich nur das Kleinsignal-Verhalten wiedergeben lässt. Diese Stromänderungen liegen weit entfernt von den 100 A/µs, die ein Prozessor unter Umständen erfordert, und eignen sich deshalb nicht zum Messen des Großsignal-Verhaltens.

Induktivitäten und die Eigenschaften der aktiven Last machen das korrekte Testen von Netzteilen für niedrige Spannungen und hohe Stromstärken zu einer recht schwierigen Aufgabe. Eine Induktivität von 50 nH, wie sie beispielsweise eine knapp 8 cm lange Verbindungsleitung aufweisen kann, kann die Anstiegsrate eines 10-A-Netzteils auf 20 A/µs begrenzen und bei höheren Strömen sogar eine noch weitere Zunahme der Anstiegszeiten verursachen. Es fehlt jedoch an Prüfinstrumenten, die hohe und steile Stromsprünge generieren können: entweder sind die Anstiegsgeschwindigkeiten zu gering oder die Ströme reichen nicht aus. Für Tests dieser Art ist es deshalb generell am besten, den Netzteil-Prototyp mit schaltbaren Lastwiderständen zu bestücken.

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