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Die Unterschiede zwischen Analog- und Digitalentwicklung – Teil 2

Zwischen der analogen und der digitalen Denkweise gibt es grundlegende Unterschiede. Ich habe schon oft die Meinung gehört: einmal Analogentwickler, immer Analogentwickler (und umgekehrt). Ich glaube aber, dass sich die Zeiten ändern.

Ich habe den Eindruck, dass alle Ingenieure und Entwickler heute an das Zeichenbrett zurückkehren und beide Betrachtungsarten in Hinblick auf die Präzision, die Abhängigkeiten zwischen Hardware und Software sowie die Zeit kennen sollten.


1.) 
Machen Sie sich mit den wichtigsten Eigenschaften Ihrer Bauelemente vertraut

Das Mindeste, was Sie über Bauelemente wissen müssen, sind die Eigenschaften von Widerständen, Kondensatoren und Induktivitäten. Damit kommt einiges an Arbeit auf Sie zu, wenn Sie zu Beginn Ihrer beruflichen Laufbahn nur am Rande mit diesen Komponenten zu tun hatten. An dieser Stelle müssen Sie sich selbst die Frage beantworten: „Was muss ich als Entwickler von Analogschaltungen wirklich wissen?“

Widerstände sind recht einfache Bauelemente. Gleichwohl gibt es einige Aspekte, die Sie beim Einsatz von Bauelementen dieser Art in Ihrer Schaltung berücksichtigen müssen. Zunächst einmal müssen Sie sich klar machen, dass ein Widerstand Spannungen und Ströme in Ihrer Schaltung beeinflusst. Es gilt das Ohm’sche Gesetz: R = U / I

Darin sind: U die Spannung in Volt, R der Widerstand in Ohm und I der Strom in Ampère.

Diese Formel ist die elementarste Beschreibung für das Verhalten der Widerstände in einer Schaltung. In der Praxis ist allerdings Folgendes zu bedenken: Die Formel beschreibt das Gleichspannungsverhalten eines Widerstands, nicht sein Wechselspannungsverhalten.

 Bild 1: Ein typisches Widerstands-Ersatzschaltbild. Die parasitären Elemente eines Standardwiderstands sind die Parallelkapazität (CP) und die Serieninduktivität (LS)
Bild 1: Ein typisches Widerstands-Ersatzschaltbild. Die parasitären Elemente eines Standardwiderstands sind die Parallelkapazität (CP) und die Serieninduktivität (LS)

Um Letzteres zu analysieren, reicht diese Grundformel nicht aus, weil dann auch parasitäre Größen um den Widerstand herum zu berücksichtigen sind. Parallel zum resistiven Element liegt nämlich ein parasitärer Kondensator, während eine parasitäre Induktivität zu ihm in Reihe geschaltet ist. Diese beiden Elemente charakterisieren das reale Verhalten des Widerstands. Bild 1 zeigt das Ersatzschaltbild des Widerstands mit diesen parasitären Größen.

Zugegeben: Ich habe mir über die parasitäre Kapazität von Widerständen keine Gedanken gemacht, bis ich begonnen habe, mich mit der Entwicklung von Transimpedanz-Verstärkerschaltungen für Fotodioden-Sensoren zu befassen.

 Bild 2: Wird die parasitäre Kapazität des Gegenkopplungswiderstands außer Acht gelassen, kann ein Fotosensor-Transimpedanzverstärker instabil werden
Bild 2: Wird die parasitäre Kapazität des Gegenkopplungswiderstands außer Acht gelassen, kann ein Fotosensor-Transimpedanzverstärker instabil werden

Bild 2 zeigt ein Beispiel für diesen Schaltungstyp. Wenn Sie diese Fotosensorschaltung blindlings (ohne Berücksichtigung von CP) aufbauen, kann ihr Ausgang auf mysteriöse Weise leicht ins Schwingen geraten. Dieses Schwingen wird gewöhnlich durch eine unsachgemäße Dimensionierung von CF verursacht, kann aber auch eine Folge des Phantomkondensators CP sein. Diese Kondensatoren, kombiniert mit der parasitären Kapazität der Fotodiode und der Eingangskapazität des Verstärkers, sorgen durch ihre Wechselwirkung für Stabilität – oder auch nicht.

Diese Schaltung ist ein Beispiel dafür, wie Ihnen die parasitäre Kapazität eines Widerstands einen Strich durch die Rechnung machen kann. Dies können Sie auf andere Schaltungen übertragen, wenn Sie diskrete Kondensatoren kleiner Kapazität parallel oder in Reihe zu diskreten Widerständen schalten.

 Bild 3: Die Impedanz eines Widerstands ändert sich vom definierten DC-Widerstandswert mit steigender Frequenz zu anderen Werten. Beeinflusst werden diese Änderungen durch die parasitäre Kapazität und Impedanz.
Bild 3: Die Impedanz eines Widerstands ändert sich vom definierten DC-Widerstandswert mit steigender Frequenz zu anderen Werten. Beeinflusst werden diese Änderungen durch die parasitäre Kapazität und Impedanz.

Die parasitäre Induktivität des Widerstands kann die Funktion von Systemen beeinträchtigen, die sehr schnelle Signale verarbeiten und in denen geringere Widerstandswerte die Norm sind. Generell kann man sagen, dass die Impedanz größerer Widerstände stärker durch die parasitäre Kapazität beeinflusst wird. Die Impedanz kleiner Widerstände wird dagegen durch die parasitäre Induktivität beeinflusst. Bild 3 veranschaulicht dies.

In einer DC-Umgebung sind Kondensatoren für Spannungen und Ströme „inexistent“. Für Ihre Schaltung müssen Sie aber die Wirkungsweise und den Einfluss von Kondensatoren im Zeit- und Frequenzbereich berücksichtigen. Beim Entwurf meiner Schaltungen verwende ich häufig die folgende Formel, die das Verhalten eines Kondensators beschreibt:

 

Darin sind C die Kapazität in Farad, U die Spannungsänderung in Volt und t die Zeitänderung in Sekunden.

Wegen ihres frequenzabhängigen Verhaltens werden Kondensatoren und Widerstände bekanntlich zum Aufbau von Tiefpass- und Hochpassfiltern verwendet.

 Bild 4: Ein typisches Ersatzschaltbild für einen Keramikkondensator. Die parasitären Elemente eines Standardkondensators sind der serielle Widerstand RS, der auch als effektiver Serienwiderstand (Effective Series Resistance, ESR) bezeichnet wird, und die Serieninduktivität LS, auch bekannt als effektive Serienimpedanz.
Bild 4: Ein typisches Ersatzschaltbild für einen Keramikkondensator. Die parasitären Elemente eines Standardkondensators sind der serielle Widerstand RS, der auch als effektiver Serienwiderstand (Effective Series Resistance, ESR) bezeichnet wird, und die Serieninduktivität LS, auch bekannt als effektive Serienimpedanz.

Beim Kondensator liegt eine Reihenschaltung aus dem parasitären Widerstand RESR und der parasitären Induktivität LESL vor. Das Ersatzschaltbild dieser parasitären Komponenten sehen Sie in Bild 4.

Auf den ersten Blick scheint ein Kondensator ein rein kapazitives Bauelement zu sein, das in der Schaltung mit idealen Widerständen und idealen Induktivitäten in Wechselwirkung tritt. Ein solches idealisiertes Verhalten liegt aber in der Praxis selten vor. Die parasitären Widerstände und Induktivitäten von Kondensatoren bewirken vielmehr, dass sich ihre Nennimpedanzen über der Frequenz ändern. Dieses Verhalten spiegelt sich in Bild 5 wider.

In Bild 5 bewirkt der Reihenwiderstand (RESR) des Kondensators, dass die Kondensatorimpedanz mit der Frequenz sinkt. Die Reiheninduktivität (LESL) bewirkt, dass die Kondensatorimpedanz zu höheren Frequenzen hin zunimmt.

 Bild 5: Der Frequenzgang eines Kondensators wird bei niedrigeren Frequenzen durch den Serienwiderstand und bei höheren Frequenzen durch die Serieninduktivität beeinflusst.
Bild 5: Der Frequenzgang eines Kondensators wird bei niedrigeren Frequenzen durch den Serienwiderstand und bei höheren Frequenzen durch die Serieninduktivität beeinflusst.

Kondensatoren sind sehr nützlich beim Entkoppeln von Stromversorgungen und beim Stabilisieren von elektronischen Schaltungen sowie zum Belasten von Low-Dropout-Spannungsreglern und Spannungsreferenzen. In allen Fällen jedoch beeinflussen Kondensatoren lediglich das AC-Verhalten von Schaltungen oder Bauelementen, nicht aber deren DC-Verhalten.

 

 

 

 

 2.)  Befassen Sie sich eingehend mit dem allgemeinen Verhalten der wichtigsten Funktionsbausteine

Betrachten Sie diese Grundschaltungen wie die Befehlscodes für Ihren Mikrocontroller. Beginnen Sie damit, diese Grundschaltungen in den gängigsten Konfigurationen oder nach dem klassischen Ansatz anzuwenden. Ihre Grundbausteine in der analogen Welt sind

  • Widerstände
  • Kondensatoren
  • Induktivitäten
  • A/D-Wandler und
  • Operationsverstärker

 3.)  Auf höherer Ebene denken

Mathematik liegt Ihnen nicht? Dann belasten Sie sich auch erst einmal nicht damit. Konzentrieren Sie sich einfach auf die praktische Seite analoger Anwendungen und eignen Sie sich ein paar Faustregeln an. So mancher macht sich daran, ein Problem zu lösen, noch bevor er sich klar gemacht hat, dass eigentlich erst einige übergeordnete Fragen zu beantworten wären.

Das ist so, als würde man für ein Programm zuerst den Code schreiben und sich anschließend Gedanken über den Programmablaufplan machen. Wenn man einen Schritt zurückgeht und sich die Vorgehensweise noch einmal überlegt, gelangt man möglicherweise zu der Erkenntnis, dass man mit seiner detaillierten Analyse weit daneben gelegen hat. Stimmt die Analyse dagegen, dann beschreibt sie die Situation wahrscheinlich nur unvollständig. Das folgende Beispiel dürfte sehr anschaulich zeigen, was ich damit meine:

Frage:

 Bild 6: Schaltungsbeispiel für ein einpoliges RC-Tiefpassfilter
Bild 6: Schaltungsbeispiel für ein einpoliges RC-Tiefpassfilter

Welche Grenzfrequenz hat das einpolige RC-Tiefpassfilter in Bild 6?

Antwort:
„Überschlagslösung“: Moment mal – Das ist doch gar kein Tiefpass-, sondern ein Hochpassfilter! Wahrscheinlich haben Sie das auf den ersten Blick erkannt, aber es ist wirklich erstaunlich, wie viele Fachleute diesen simplen Umstand übersehen! Wenn Sie einmal annehmen, dass der Autor irrtümlich die Positionen des Widerstands und des Kondensators verwechselt hat, dann würde die Grenzfrequenz bei 1 / (2π R1 C1), also etwa 167 Hz liegen. Wie ich zu diesem Ergebnis gelangt bin? Nun, 2π sind rund 6. In erster Näherung ist diese Ungenauigkeit sicherlich akzeptabel, wenn man bedenkt, dass die Bauteiltoleranzen von Kondensatoren typisch ±10% oder ±20% betragen. Mit den exakten Werten gerechnet, befindet sich die Polstelle bei 159,1549 Hz.

Berechnete Lösung


Diese Berechnung ergibt eine Nullstelle bei DC und eine Polstelle bei 159,1549 Hz.

Diese beiden Lösungen stimmen nicht überein. Und eine SPICE-Simulation würde sicherlich der berechneten Lösung entsprechen.

Und die Moral von der Geschichte? Erst überlegen, wie man das Problem angehen will, und danach die Analyse mit SPICE überprüfen. Bei dieser Art der Analyse sollten Sie aber nicht die Genauigkeit (oder besser gesagt: Ungenauigkeit) der einzelnen Bauelemente und Funktionsbausteine in Ihrem System vergessen. Nachdem Sie wissen, wie Ihre Schaltung grundsätzlich funktioniert und wie das System reagiert (aber auch erst dann), können Sie Ihre Mathematik- und SPICE-Kenntnisse zum Einsatz bringen.

Zeit- oder Frequenzbereich?

Strategien zur Entwicklung von Digitalschaltungen bewegen sich im Zeitbereich. Es mag zwar so aussehen, als würden Mikrocontroller oder Digitale Signalprozessoren gleichzeitige Ereignisse auslösen, doch bei genauerer Betrachtung zeigt sich, dass dieses Verhalten mit einer Technik erzielt wird, die man als Code-Multitasking bezeichnet.

Alternativ dazu betrachtet man bei der Entwicklung reiner Analogsysteme das Verhalten der Schaltungen im Frequenzbereich. A/D-Wandler (ADC) und D/A-Wandler (DAC) sind nur zwei der wichtigsten Bausteine, die sowohl im Zeit- als auch Frequenzbereich betrachtet werden müssen.

Die Autorin:
Bonnie Baker ist Senior Applications Engineer bei Texas Instruments.

Die Unterschiede zwischen Analog- und Digitalentwicklung – Teil 1

 Unterschied zwischen Analog- und Digitalentwicklung
Unterschied zwischen Analog- und Digitalentwicklung

Es ist nun mehr als ein Jahrzehnt her, dass mich auf der Embedded Systems Conference (ESC) 2001 in San Francisco ein Hochschulabsolvent ansprach, der gerade sein Ingenieurstudium abgeschlossen hatte. Als er erfuhr, dass ich eine leitende Position in seinem Fachgebiet bekleide, erklärte er, dass er auf Stellensuche sei. Er sagte, er kenne meine Firma, wolle – falls möglich – gern für sie arbeiten und präsentierte mir auch gleich seinen Lebenslauf. Ich wiederum ging daraufhin etwas näher auf meine Aufgaben im Unternehmen ein.

Damals war ich noch Leiterin der Gruppe Mixed Signal / Linear Applications. Zum Tätigkeitsfeld meiner Abteilung gehörten die Produktdefinition, die technische Dokumentation, Kundenschulungen und -besuche. Im Zuge dieser Aktivitäten reisten wir weltweit umher. Am Ende meines „Verkaufsgesprächs“ bemerkte er voller Bewunderung, das Ganze klinge nach einem tollen Job.

Ich wies nochmals darauf hin, dass ich der Analogsparte meines Unternehmens angehöre. Offenbar glaubte er, sich hier gut auszukennen, denn er prophezeite mir, die „Analogtechnik werde aussterben“ und letztlich von der Digitaltechnik verdrängt. Dem würde doch jeder zustimmen, der etwas von Elektrotechnik verstehe. Oder etwa nicht?

Im Laufe meines beruflichen Werdegangs habe ich mit einem breiten Spektrum von Entwicklern in der Analog- und Digitaltechnik zusammengearbeitet. Jeder hat seine Eigenarten und vertritt gute Gründe, warum er nicht beide Techniken beherrscht. In diesem Artikel wird der Digitalentwickler einige hilfreiche Tipps finden, wenn er in die vermeintlich „dunklere“ (d.h. die analoge) Seite der Schaltungsentwicklung eintaucht. Was aus meiner Sicht natürlich eher die längst fällige Reise ins Licht ist.

Der grundlegende Unterschied zwischen der analogen und der digitalen Denkart liegt in den Definitionen für Präzision, den Abhängigkeiten zwischen Hardware und Software und der Zeit. Was die Präzision betrifft, hätte man sich mit der Frage zu beschäftigen, wie gut die eingesetzten Analogbausteine auf die anstehende Aufgabe abgestimmt sind oder wie effizient die verwendete Software den digitalen Code ausführt.

Analogentwicklern ist schnell klar, dass Hardwareänderungen schwierig sind, während Digitalentwickler mit ein paar Anschlägen auf der Computertastatur Änderungen an der Software vornehmen können. Dann gibt es die Frage der Zeit: In der Analogentwicklung werden die Entscheidungen des Entwicklers von Frequenzbetrachtungen dominiert. In der Digitalentwicklung spielt dagegen die Ausführungszeit eine wichtige Rolle.

Präzision

Wie definiert man, wie präzise eine Analogschaltung sein muss? Diese Frage lässt sich auf drei unterschiedliche Arten beantworten. Eine davon lautet: „So präzise wie nötig.“ So genügt es bei einigen Schaltungen, wenn sie auf ein oder zwei Millivolt genau arbeiten, während bei anderen eine Genauigkeit bis in den Sub-Mikrovoltbereich hinein erforderlich ist. Dieser Unterschied in den Systemanforderungen animiert den Entwickler dazu, sich bei einigen Systemen mit dem Kriterium „genau genug“ zufriedenzugeben und sich bei anderen die Frage zu stellen: „Wie viel kann ich noch aus dieser Schaltung herausholen?“

Ein zweites Verfahren zur Erzielung von Genauigkeit setzt voraus, dass der Entwickler die Wirkungsweise der Bauelemente und Komponenten, mit denen er arbeitet, wirklich verstanden hat. Was Bauelemente angeht, so haben ein 1-kW-Widerstand oder ein 20-pF-Kondensator – und das gilt in diesem Zusammenhang für jeden Widerstand oder Kondensator – nicht immer die aufgedruckten Absolutwerte. So können sich beispielsweise Temperaturänderungen dramatisch auf die tatsächlichen Werte dieser beiden Bauelemente auswirken. Daneben weisen die Nennwerte aller im Labor verwendeten Bauelemente fertigungsbedingte Streuungen von einem Exemplar zum anderen auf. Zusammen können diese beiden wichtigen Einflussfaktoren das Verhalten einer Schaltung dramatisch verändern, wenn sie nicht gebührend berücksichtigt werden.

Maximalwerte, Minimalwerte und typische Werte

Was elektronische Bausteine angeht, so werden in den Produktdatenblättern meist maximal und minimal garantierte Werte sowie typische Werte angegeben. Die garantierten Werte sind selbsterklärend: Die verwendeten Bausteine werden diese spezifizierten Werte nicht überschreiten, solange die spezifizierten Bedingungen eingehalten werden und solange die Bausteine nicht durch höhere Temperaturen oder Spannungen überlastet werden.

Typische Werte in einem Produktdatenblatt sind eine andere Sache. Um diese Werte festzulegen gibt es verschiedene Möglichkeiten, und jeder Hersteller hat seine eigenen Verfahren und Rechtfertigungen für die Berechnung dieser Werte. So bestimmen einige Hersteller vor der ersten Produktfreigabe als typischen Wert den Mittelwert einer größeren Zahl von Mustern eines Bausteins. Dabei können Umfang und Eigenschaften der Stichproben beträchtlich variieren.

So versuchen beispielsweise einige Hersteller besonders gründlich zu sein, indem sie Hunderte von Mustern aus drei oder mehr Wafer-Produktionschargen auswählen, während andere nur eine kleine Zahl von Mustern (15 bis 30) aus ein und demselben Wafer verwenden, um daraus typische Werte zu bestimmen. Das letztere Verfahren dürfte dabei sicher keine so verlässlichen Aussagen für das Langzeitverhalten des betreffenden Bausteins liefern.

Neben der Anzahl der Muster können auch die Verfahren zum Berechnen der typischen Werte variieren. Einige Hersteller definieren ihre typischen Werte als Werte, die gleich einer Standardabweichung plus Mittelwert sind. Andere benutzen lediglich den Mittelwert als eine typische Größe für ihre Spezifikationen. Wieder andere ziehen ihre SPICE-Simulation zur Bestimmung der endgültigen Richtwerte für die typischen Spezifikationsgrößen heran.

Eine kurze Warnung an dieser Stelle: Unabhängig davon, wie ein Hersteller den in seiner Spezifikation oder seinem Datenblatt veröffentlichten typischen Wert bestimmt – entwickeln Sie Ihre Schaltung NICHT auf der Grundlage typischer Spezifikationen. Arbeiten Sie stattdessen stets mit den minimalen und maximalen Spezifikationen.

Der dritte für die Genauigkeit relevante Aspekt ist das Rauschen, und hierfür benötigen Sie einige Kenntnisse über statistische Berechnungen unter Verwendung großer Musterzahlen.

Einiges zum Rauschen

Rauschen in der Elektronik kann zufallsbedingt sein. Wenn es sich zufällig über das Frequenzspektrum verteilt, enthält es keine kohärenten Frequenzen. Rauschen entsteht in allen analogen Bauelementen, gleichgültig, ob es sich um passive oder aktive Bauelemente handelt. Wenn Sie die Rauschereignisse in Ihrer Schaltung abtasten, werden diese über der Zeit eine Normalverteilung aufweisen.

Fallen die Rauschabtastwerte in eine Normalverteilung schwanken wiederholte Abtastungen um einen zentralen Wert. Die Verteilung ist ungefähr symmetrisch um diesen zentralen Wert herum angeordnet. Sie führt zu einer Kurve, die am Mittelpunkt ein Maximum erreicht und zu beiden Seiten bis auf Null abfällt. Da diese Verteilung mit dem zentralen Grenzwertsatz im Einklang steht, können Sie Standardberechnungen wie etwa die der mittleren Abweichung und der Standardabweichung anwenden, um den allgemeinen Betrag künftiger Rauschereignisse bezüglich der Normalverteilungskurve zu berechnen.

Hardware vs. Software

Es gibt einige pragmatische Denkansätze, wenn Sie sich dazu entschließen, ein analoges Konzept zu verfolgen: Machen Sie sich beim Entwurf einer Hardware mit den grundlegenden Eigenschaften Ihrer Bauelemente vertraut, verschaffen Sie sich die nötigen Kenntnisse über das Verhalten der wichtigsten Schaltungsbausteine, und unterziehen Sie Ihre Schaltungen immer zuerst einer eingehenden Simulationsanalyse. Denken Sie daran, dass auch Fragen des Leiterplattenlayouts, die hier nicht weiter behandelt werden, der nötigen Beachtung bedürfen.

In der digitalen Welt gibt der Begriff „Präzision“ an, wie exakt der Code erstellt wurde, was Wechselwirkungen innerhalb des Codes selbst und mit äußeren Ereignissen wie Interrupts angeht.

Der
zweite Teil
dieses Artikels beschäftigt sich mit den wichtigsten Eigenschaften der Funktionsbausteine, parasitären Effekten und gibt praktische Tipps.

Die Autorin: Bonnie C. Baker arbeitet als Senior Applications Engineer bei Texas Instruments.

 

 

Maximalwerte einhalten oder wie sich Schadensszenarien vermeiden lassen

Wieviel Sicherheit enthalten eigentlich „absolute Maximalwerte“? Keine! Und ICs sind keine wahrsagenden Kristallkugeln.

Der absolute Maximalwert (Absolute Maximum Rating) eines ICs ist der Grenzwert, bei dem das betreffende Bauteil sicher betrieben werden kann, ohne Schaden zu nehmen oder zerstört zu werden.

Wie weit diese Grenzen überschritten werden dürfen, wird in den Datenblättern nie angegeben. Manche Bauteile sind sehr robust, manche nicht. Doch kein Hersteller bietet Unterstützung bei Überschreiten dieser Grenzwerte an. Die einzig sichere Regel lautet daher „nie“ als nie zu behandeln. Erst wenn man versteht, warum eine Überschreitung maximaler Grenzwerte Beschädigungen verursachen kann, lassen sich bessere Systeme entwickeln.

Eine Zenerdiode ist so ausgelegt, dass sie mit einer Rückwärtsspannung leiten kann, die höher als ihre Durchbruchspannung ist. Sie kann große Rückwärtsströme sicher leiten. Doch andere IC-Dioden, speziell Basis/Emitter-Sperrschicht-Dioden, werden durch sehr kleine Rückwärtsströme beschädigt. Und das manchmal in wenigen Mikrosekunden. Auf ähnliche Weise wird das Gate-Oxid eines MOS-Bausteins durch eine Überspannung irreparabel beschädigt. Dies bedeutet, dass durch Überschreiten absoluter Maximalspannungen ICs beschädigt werden können, indem eine Sperrschicht oder das Gate-Oxid durchbrochen werden.

Einige absolute Maximalspannungen werden mit anderen Spannungen ausgedrückt. In anderen Worten, die Eingangsspannung (UIN) eines Verstärkers kann auf USS–0,3 V ≤ UIN ≤ UDD+0,3 V begrenzt sein. Oder die maximal zulässige negative Versorgungsspannung kann bezüglich der positiven Versorgungsspannung –USS ≤ UDD definiert werden. Ersteres bedeutet, dass die Eingangsspannung nicht über 300 mV über der Versorgung liegen darf. Die zweite Aussage heißt, dass der Maximalwert der negativen Versorgungsspannung nie die positive Versorgungsspannung übersteigen darf. Dies bedeutet nicht, dass, falls man mit einer UDD von z.B. +10 V arbeitet, die am Eingang +8 V angelegt werden kann; oder an USS –8 V, bevor UDD eingeschaltet wird.

Obwohl Siliziumbausteine eine kristalline Struktur haben, sind sie keine Kristallkugeln und können die Zukunft nicht vorhersagen. Absolute Maximalspezifikationen dieses Typs bedeuten, dass die Reihenfolge beim Einschalten der Versorgungsspannung und Anlegen der Signale wichtig ist. Ein Überschreiten solcher Grenzwerte verursacht vielleicht keinen Ausfall des Bausteins, kann aber wahrscheinlich parasitäre Elemente im IC-Substrat aktivieren. Diese wiederum können zu einem Latchup führen, die Stromversorgung kurzschließen und das Bauteil durch Überstrom oder Übertemperatur zerstören.

Zusätzlich zu Spannungsgrenzwerten kann die absolute Maximalspezifikation folgendes begrenzen: die Verlustleistung auf dem Baustein, die Ströme an bestimmten Anschlüssen und die Chip- sowie die Gehäusetemperatur. Manchmal können Transienten und Stromgrenzwerte höher als die entsprechenden Werte im Betrieb sein, doch ist es sehr wichtig, die vorgegebenen Grenzwerte zu verstehen und einzuhalten.

Von Uwe Bröckelmann nach Unterlagen von Analog Devices.