Archiv der Kategorie: EPAP – Messtechnik

Entsorgen Sie Ihre Schaltung oder Ihre Testgeräte? Stellen Sie alles in Frage!

Sie haben die Ursachen von „Ringing” und „Overshoot” identifiziert: Entkopplung, Masseführung, Parasitäten und Leitungsabschlüsse. Bei einem sorgfältigen Design funktioniert ihre Schaltung einwandfrei (wirklich!). Das Problem kann jedoch beim Testen der Schaltung auftreten. Und der Schuldige kann der Tastkopf Ihres Oszilloskops sein.

Viele schnelle Verstärker haben Schwierigkeiten beim Treiben kapazitiver Lasten (die eine Polstelle im Rückkopplungsverlauf verursachen und so die Phasenreserve senken und Instabilitäten bewirken – doch das ist ein Thema für ein anderes Mal).

Tastköpfe können den Messpunkt mit etwa 10 pF (für einen typischen 10 x passiven Tastkopf) beaufschlagen. Durch diese zusätzliche Kapazität können Oszillationen und Überschwingungen entstehen. Prüfen Sie einfach, ob ein Tastkopf mit geringerer Kapazität Abhilfe schafft. Aktive Tastköpfe haben normalerweise geringere Kapazitäten als passive. Probieren Sie es einfach aus. Alternativ könnte man einen passiven Tastkopf mit höherem Dämpfungsfaktor (100 x) verwenden. Auch diese Tastkopftypen weisen niedrigere Kapazitäten auf.

Wahrscheinlicher ist aber, dass die Induktivität der Leitung zum Masseclip des Tastkopfes für die Probleme verantwortlich ist. Die parasitäre Induktivität der Leitung und die Kapazität des Tastkopfes bilden einen Schwingkreis. Schwingkreise sind üblicherweise in Oszillatoren zu finden. Schnelle Signalflanken können genügend Energie enthalten, um den Schwingkreis anzuregen und ihn zum Oszillieren zu bringen.

Seien Sie daher brutal und kappen Sie die Leitung. Um dies zu tun, müssen Sie den Tastkopf auseinander nehmen. Entfernen Sie (durch Aufschrauben) die Plastikhülse, welche die Tastkopfspitze umgibt. Dadurch wird die äußere Metallhülle der Spitze freigelegt – dies ist die Masseverbindung. Anschließend wird der Masseclip-Anschluss entfernt. Es entsteht eine abisolierte Spitze mit freiliegender Masse. Ein solcher Tastkopf eignet sich bestens für die Messung schneller Signale.

Um diesen modifizierten Tastkopf zu verwenden, berühren Sie einfach den entsprechenden Testpunkt der Schaltung mit der Tastkopfspitze, während Sie gleichzeitig das äußere Metall mit Masse verbinden. Falls Sie eine direkte Masseverbindung nicht auf einfache Weise realisieren können, wickeln Sie einfach ein kurzes Stück blanken Draht mehrmals um die äußere Metallhülle der Spitze. Das freie Ende des Drahtes, der so kurz wie möglich sein sollte, berührt den nächst gelegenen Massepunkt.

Sie werden beeindruckt sein, welche Verbesserungen Sie mit diesem modifizierten Tastkopf bei Ihren Messungen erzielen können. Es mag vielleicht nicht so gut aussehen, funktioniert aber einwandfrei.

Von Uwe Bröckelmann nach Unterlagen von Analog Devices.

Wie misst man möglichst genau die reale Sperrschichtemperatur?

Es gibt mehrere Möglichkeiten zur Messung der Sperrschicht- oder „Die”-Temperatur eines Bauteils. Manche eignen sich besser, manche weniger gut. Bei der ersten Möglichkeit wird die klassische Gleichung für die Sperrschichttemperatur verwendet:

TJ = TA + PD RthJA

Die Sperrschichttemperatur TJ ergibt sich aus der Summe der Umgebungstemperatur TA und dem Produkt aus aufgenommener Leistung PD und Temperaturwiderstand RthJA (thermischer Widerstand „Junction-Ambient“) des Bauteils. Nach meiner Erfahrung ist diese Berechnung eher konservativ und liefert Sperrschichttemperaturen, die je nach Hersteller des Bauteils etwa 30 bis 50% höher sind als die tatsächlich vorhandene Sperrschichttemperatur.

Eine andere Möglichkeit ist der Einsatz eines Thermoelements. Diese Methode liefert bei größeren Gehäusen gute Ergebnisse. Bei kleineren Gehäusen gibt es jedoch Probleme. Zum Beispiel bieten kleine Gehäuse wie SC70 oder SOT nicht genügend Platz um ein Thermoelement zu befestigen. Selbst wenn man ein Thermoelement am Gehäuse montieren könnte, würde sich seine thermische Masse als Kühlkörper verhalten und somit zu fehlerhaften Messergebnissen führen.

Eine dritte Methode ist der Einsatz einer Infrarotkamera (IR). Bei dieser Möglichkeit wird die Außentemperatur des Gehäuses exakt gemessen. Man erhält bei kleineren Gehäusen einen guten Wert für die „Die“-Temperatur. In den meisten Fällen beträgt die Differenz zwischen Gehäuse und Sperrschichttemperatur nur wenige Grad Celsius. Ein Nachteil dieser Methode ist der hohe Preis von IR-Kameras.

Die letzte Möglichkeit ist die preiswerteste und genaueste Methode zur Messung der „Die”-Temperatur. Bei dieser Option dient eine auf dem Chip befindliche Diode als Temperatursensor. Aus der Halbleiterphysik wissen wir, dass sich bei einem konstanten Strom durch einen pn-Übergang die Sperrschichtspannung über die Temperatur um etwa –1 bis –2 mV/°C ändert. Durch Charakterisierung der Diodenspannung über die Temperatur kann der Anwender die Diodenspannung messen und die „Die“-Temperatur bestimmen. Der Trick besteht darin, eine Diode zu finden, die als Sensor am Operationsverstärker genutzt werden kann.

Die meisten Operationsverstärker haben für solche Zwecke keine bestimmte Diode. Allerdings kann man diese Aufgabe mit vorhandenen Dioden meistern. Die meisten, wenn nicht alle, der heutigen Verstärker besitzen interne ESD-Schutzdioden sowie Eingangsschutzdioden. ESD-Dioden befinden sich zwischen den Ein- und Ausgängen von Operationsverstärkern und der Versorgungsspannung. Daher ist der Zugang zu diesen Dioden möglich. So können sie – wie beschrieben – zur Messung der „Die”-Temperatur von Operationsverstärkern verwendet werden.

Eine genaue Beschreibung der Verwendung von ESD-Dioden als Temperatursensoren befindet sich im Artikel „ESD Diode Doubles as Temperature Sensor“.

Von Uwe Bröckelmann nach Unterlagen von Analog Devices. Bildquelle: IRF

Auf diese Bits kann man verzichten!

Angenommen eine qualitativ hochwertige Wägezelle besitzt eine Ausgangs-Übertragungsfunktion von 2 mV/V. Sie liefert also pro Volt Anregungsspannung ±2 mV Ausgangssignal. Bei einer Anregungsspannung von 4,096 V und voller Sensorauslenkung ergibt sich eine maximale Ausgangsspannung von ±8,192 mV.

In einer 12-Bit-Anwendung – beispielsweise einer Haushalts-Personenwaage – könnte die Hälfte des Endwertes einem Gewichtsmessbereich von Null bis 113 kg entsprechen. Soll die Waage eine Auflösung von 113 g erreichen, so werden dafür 1000 Ausgangsmesspunkte benötigt. Um nun ein Tausendstel des vollen Messbereichs aufzulösen, muss eine Änderung der Sensorausgangsspannung um 8,192 µV erkannt werden können. Dies ist möglich, wenn man dafür sorgt, dass der Spitze-Spitze-Wert des Sensorrauschens für 99,999 % der Zeit geringer als 8,192 µV ist (unter Ansatz eines Crest-Faktors von 4.4, siehe [1]). Mit dieser Definition entspricht ein LSB (Least Significant Bit) auf der Sensorseite einer Spannung von 8,192 μV oder 931 nV (eff).

Bild 1: 12-Bit-Wägezellensystem mit einer Genauigkeit von 113 g Bild 1: 12-Bit-Wägezellensystem mit einer Genauigkeit von 113 g

Die Wägezellen-Messbrücke in Bild 1 wird mit einer Spannung von 4,096 V angeregt. Der Instrumentenverstärker INA326 verstärkt die Spannung der Lastzelle mit einem Faktor von 250 V/V. Somit erzeugt das System bei Vollausschlag eine Spannung von 250 x ±8,192 mV = ±2,048 V. Der 12-Bit-Wandler ADS7822 digitalisiert das Analogsignal.

Dieses 12-Bit-Wandlersystem benötigt ein aktives analoges Filter, das hier mit einem OPA333 aufgebaut ist. Der Zweck dieses Tiefpassfilters ist in erster Linie, die hochfrequenten Signalkomponenten am Eingang des A/D-Wandlers zu unterdrücken [2]. Da die Wägezelle in unserer Schaltung quasi im DC-Bereich arbeitet, begrenzen wir die Bandbreite auf 10 Hz. Die Bauelemente in Bild 1 kosten hierbei weniger als 6,00 US-Dollar.

Sehen wir uns nun zum Vergleich eine Wägezellenmessung mit einem 24-Bit-System an. In Bild 2 können wir das Wägezellensignal einfach über ein Tiefpassfilter erster Ordnung dem Delta-Sigma-A/D-Wandler zuführen. Das Tiefpassfilter erster Ordnung in dieser Schaltung eliminiert hochfrequentes Rauschen im Bereich um die Abtastfrequenz des Wandlers [3]. Den Widerstandsanteil des R-C-Filters steuert der Sensor bei.

Bild 2: 24-Bit-Wägezellensystem mit einer Genauigkeit besser als 113 g Bild 2: 24-Bit-Wägezellensystem mit einer Genauigkeit besser als 113 g

Betrachtet man die Fehlergrößen des 24-Bit-Delta-Sigma-Systems in Bild 2, erkennt man, dass der ADS1232 eine Rauschspannung von 3,7 µVs-s produziert (bei einem angenommenen Crest-Faktor von 4,4). Dieser Wert liegt deutlich unter der LSB-Größe des Sensors. Der Vollausschlagsbereich des Delta-Sigma-Wandlers beträgt zudem 4,096 V, während der gesamte Sensor-Ausgangsspannungsbereich nur ±8,192 mV umfasst. Wie man sieht, bleiben die meisten Ausgangsbits des Delta-Sigma-Wandlers ungenutzt. Die Bauelemente in Bild 2 kosten weniger als 4,00 US-Dollar.

Fazit: Das 12-Bit-Wandlersystem ist letztlich teurer, nimmt mehr Platz auf der Leiterplatte in Anspruch und ist in der Dimensionierung kritischer als das alternative 24-Bit-System.

Bonnie C. Baker, Texas Instruments

Literatur

[1] “RMS and peak-to-peak noise trade-off“, Baker, Bonnie, EDN (15. Mai 2008)

[2] ”What’s in your SAR-ADC application?“ Baker, Bonnie, EDN (15. Dez. 2008)

[3] “Analog filter eases delta-sigma-converter design“, Baker, Bonnie, EDN (12. Juni 2008)