Bereits jetzt wird daher viel Geld in Sicherheitssysteme investiert, die vor dem unbefugten Zugriff von außen auf die Betriebsgeheimnisse schützen sollen. Sowohl der physische Schutz der Büroräume durch Alarmanlagen, Werksschutz etc. als auch der technische Schutz der IT durch die jeweils neuste Firewall haben höchste Priorität. Allen Beteiligten im Unternehmen ist hier die Notwendigkeit eines wirksamen Schutzes bewusst.
Die Gefahr lauert im eigenen Betrieb
Tatsächlich sind aber Angriffe von außen relativ selten. Viel häufiger werden Betriebsgeheimnisse durch die eigenen Mitarbeiter verraten. Viele Unternehmen unterschätzen, dass gerade ausscheidende oder abwanderungswillige Mitarbeiter sich Betriebsgeheimnisse verschaffen, um diese anschließend für sich selbst oder ihren neuen Arbeitgeber zu nutzen. Vielfach sehen sowohl die Unternehmen als auch die Mitarbeiter darin ein Kavaliersdelikt. Die Konsequenzen für alle Beteiligten sind jedoch gravierend. So drohen sowohl dem Mitarbeiter, der die Betriebsgeheimnisse verrät, wie auch den Mitarbeitern eines Unternehmens, das fremde Betriebsgeheimnisse nutzt, Strafverfahren. Denn der Verrat von Betriebsgeheimnissen und die Nutzung dieser Geheimnisse für eigene oder fremde Zwecke stellt eine Straftat dar. Dies gilt auch für die Geschäftsführer eines Unternehmens, wenn sich nachweisen lässt, dass sie die Nutzung fremder Geheimnisse gefördert haben. Da dies in der Praxis jedoch relativ selten ist, weil eine direkte Beteiligung der Geschäftsführung oft nicht nachgewiesen werden kann, treffen die strafrechtlichen Konsequenzen in den meisten Fällen vor allem die Mitarbeiter, die die Betriebsgeheimnisse ihres Arbeitgebers kopieren oder verraten. So sind in den letzten Jahren die Verfahren wegen des Verrats von Betriebsgeheimnissen stark angestiegen.
Verstöße können teuer werden
Für das Unternehmen, welches fremde Geheimnisse nutzt, drohen dagegen erhebliche zivilrechtliche Konsequenzen. Es kann auf Unterlassung der Nutzung der Geheimnisse und insbesondere auf Schadensersatz in Anspruch genommen werden. Nach der Rechtsprechung des BGH droht dem Unternehmen dabei, dass es sämtlichen Gewinn herausgeben muss, der aus Aufträgen stammt, bei denen fremde Betriebsgeheimnisse genutzt wurden. Anders als bei der Verletzung von Patenten oder Marken ist nicht nur ein Anteil des Gewinns herauszugeben, sondern der gesamte Gewinn.
Auf diese Weise kann die Nutzung fremder Betriebsgeheimnisse für alle Beteiligten die Existenz bedrohen. Dabei wissen viele Unternehmen nicht, dass neue Mitarbeiter die Betriebsgeheimnisse des ehemaligen Arbeitgebers „mitbringen“. Denn oft werden diese Daten und Unterlagen mit Hilfe von USB-Sticks schnell und einfach kopiert und transportiert. Für die rechtliche Bewertung ist es jedoch keine ausreichende Entschuldigung, keine Kenntnis von der Nutzung fremder Betriebsgeheimnisse gehabt zu haben. Unternehmen sind verpflichtet, wirksame Maßnahmen zu ergreifen, dass derartiges nicht passiert. So müssen neue Mitarbeiter ausdrücklich darauf hingewiesen werden, dass die Verwendung von Daten und Unterlagen ihrer ehemaligen Arbeitgeber streng verboten ist. Allein ein solcher Hinweis ist jedoch nicht ausreichend. Vielmehr muss die Einhaltung dieses Verbotes auch kontrolliert werden. Der neue Arbeitgeber muss sicherstellen, dass Vorgesetzte die neuen Mitarbeiter so kontrollieren, dass diese keine fremden Betriebsgeheimnisse verwenden können. Außerdem müssen alle Mitarbeiter verpflichtet werden, beim Verdacht einer entsprechenden Zuwiderhandlung sofort Meldung zu erstatten.
Treffen Sie Vorkehrungen!
Ebenso müssen die Unternehmen aber auch ihre eigenen Betriebsgeheimnisse sichern. Es muss verhindert werden, dass Mitarbeiter die geheimen Informationen ihres Arbeitgebers kopieren und in unzulässiger Weise nutzen. Dies kann insbesondere durch wirksame technische Maßnahmen geschehen. So ist bei der Verteilung von Zugriffsrechten darauf zu achten, dass Mitarbeiter nur auf die Teile der IT-Landschaft Zugriff haben, die sie für ihre Arbeit auch tatsächlich benötigen. Weiter sollte der Datenverkehr kontrolliert werden. Dazu ist es notwendig, dass die Privatnutzung des E-Mail-Systems des Betriebs verboten ist, denn nur so können Inhalte von E-Mails kontrolliert werden. Selbst wenn aber die Inhalte nicht kontrolliert werden, sollte auf jeden Fall darauf geachtet werden, dass bei der Bewegung von ungewöhnlich großen Datenmengen eine systeminterne Meldung erfolgt. Denn gerade dies deutet darauf hin, dass Betriebsgeheimnisse kopiert werden. Wenn dann eine Entwendung von Betriebsgeheimnissen festgestellt wird, muss schnell juristische Hilfe durch Gerichte und Staatsanwaltschaft in Anspruch genommen werden, um den Schaden so gering wie möglich zu halten. Denn wenn die Betriebsgeheimnisse erst einmal aus dem Betrieb gelangt sind, ist es vielfach zu spät.
Dr. Joachim Mulch ist Rechtsanwalt und Partner im Gewerblichen Rechtsschutz bei GvW Graf von Westphalen in Düsseldorf